piwik no script img

Archiv-Artikel

OFF-KINO Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Auf der Straße an Originalschauplätzen drehen – für das amerikanische Kino bedeutete dies Mitte der 1940er Jahre eine neue Erfahrung. Nach draußen war man bislang bestenfalls mal für einen Western gegangen, bei Gegenwartsstoffen hatte man hingegen eher auf die kontrollierbare Welt der Studios gesetzt. Doch das begann sich nun zu ändern, und mit der „Entdeckung“ des Originalschauplatzes zog ein bislang nicht gekanntes Maß an Realismus in den amerikanischen Kriminalfilm ein. Das Alltägliche wurde zur Entdeckung: „There are eight million stories in the naked city. This has been one of them“, verkündet etwa die Erzählerstimme am Ende von Jules Dassins „The Naked City“ (1948), der von der mühsamen Suche zweier New Yorker Polizisten nach einem Frauenmörder erzählt. Viel Laufarbeit auf den Straßen, viele Rückschläge und Enttäuschungen stehen dabei im Mittelpunkt der vergleichsweise authentisch gestalteten Recherchen, ehe die beiden den Killer in einem furiosen Finale auf einer Brücke doch noch stellen können. (OF, 20. 6., Arsenal)

Ganz anders „Point Blank“ (1967) von John Boorman, der in seinem Gangsterfilm die Geschichte eines Rache suchenden Exsträflings erzählt, der vom supercoolen Minimalschauspieler Lee Marvin gegeben wird. Weder geht es hier um Realismus, noch überhaupt um einen geradlinigen Genrefilm. Viel mehr schuf der an europäischen Filmtechniken geschulte irische Regisseur eine kühle Reflexion über das technisierte Amerika, mit vielen verwickelten Rückblenden, Jump-Cuts und einem überaus innovativen Ton, der faszinierende Parallelmontagen akzentuiert. (18.–20. 6., Pompeji)

Knetanimation gehört aufgrund des erheblichen technischen Aufwands nicht unbedingt zu den am häufigsten verwendeten, aber doch zu den schönsten Techniken der Gattung Trickfilm. Zum Brüllen komisch fielen dabei vor allen die Filme des britischen Aardman-Studios aus, die mit Wallace & Gromit sowie Shaun, dem Schaf echte Stars des Genres kreierten. Mit ihrem Film „Die Piraten: Ein Haufen merkwürdiger Typen“ haben sich die Regisseure Peter Lord und Jeff Newitt nun auch unter die Piraten begeben: Hauptfigur ihres verspielten Abenteuers ist ein ganz besonders erfolgloser britischer Freibeuter, der es sich gleichwohl in den Kopf gesetzt hat, unbedingt Pirat des Jahres werden zu wollen. Da er jedoch leider immer nur Geisterschiffe und Seuchenkähne überfällt, muss das nötige Kleingeld anderweitig beschafft werden: zum Beispiel indem man den mittlerweile als Dodo identifizierten „Schiffspapagei“ an die fiese Königin Victoria verkauft. Das kann natürlich nur schiefgehen. Die Geschichte ist in ihrer Dramaturgie eher konventionell, dafür entfaltet sich ein schlaglichtartig hingeworfener, schwarzhumoriger Witz in hintergründigen Details, und die Sets des in Stop-Motion-Technik (die sich diesmal mit Computeranimation für die Darstellung des Meeres verbindet) hergestellten Films sind so liebevoll gestaltet wie immer. (14.–20. 6., Cineplex Titania, Kino Kiste; 16.–17. 6., Filmtheater am Friedrichshain) LARS PENNING