: Gericht in Frankreich verurteilt Folteroffizier
Präzedenzfall: Folter in Afrika ist auch in Europa justiziabel. Betroffen ist ein flüchtiger Offizier aus Mauretanien
NIMES/NOUAKCHOTT afp/taz ■ Zum ersten Mal hat in Frankreich ein Gericht eine Menschenrechtsverletzung bestraft, die außerhalb des Landes von einem Nichtfranzosen an Nichtfranzosen begangen wurde. Der Offizier Ely Ould Dah aus Mauretanien wurde am Freitag im südfranzösischen Nimes zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er hatte 1991 zwei mauretanische Soldaten gefoltert, denen er die Beteiligung an einem Putschversuch vorwarf.
Das Urteil erfolgte auf der Basis der internationalen Antifolterkonvention. Die französischen Menschenrechtsorganisationen Ligue des droits de l’homme und Survie hatten Klage erhoben, und fünf mauretanische Militärs hatten sich als Nebenkläger konstituiert. Es ist die erste Anwendung des Weltrechtsprinzips in Frankreich und gilt als bedeutsam für die mögliche Verfolgung anderer Verbrechen, deren Täter sich in Frankreich frei bewegen können.
Das Urteil bleibt zunächst ohne praktische Folgen, da der Beschuldigte in Mauretanien lebt und von seiner Regierung geschützt wird. Ely Ould Dah war 1999 auf französischem Boden verhaftet worden. Damals war er Armeekapitän und befand sich zur Fortbildung in der französischen Infanterieschule Montpellier. Ehemalige mauretanische Offiziere reichten im Juni 1999 gegen ihn Klage ein. Einer von ihnen, Maadou Youssef Diagana, berichtete später vor Gericht, wie seine Folterer – einschließlich Ely Ould Dah – ihn und andere bei „Verhören“ bis zum Hals in Sand eingruben und ihm dann bis zur Bewusstlosigkeit auf den Kopf einprügelten.
Mauretaniens Regierung hatte 1999 scharf gegen die Verhaftung protestiert, seine zur Ausbildung in Frankreich lebenden Soldaten in die Heimat zurückbeordert und für Franzosen die Visumpflicht eingeführt. Ould Dah kam schließlich unter Auflagen frei, konnte Frankreich unter ungeklärten Umständen verlassen und flüchtete in sein Heimatland. Ein internationaler Haftbefehl gegen ihn liegt seit dem 7. April 2000 vor.
Das Urteil wird von Menschenrechtlern begrüßt. „Es ist ein starkes Signal an die mauretanischen Behörden“, erklärte Klägeranwalt Patrick Baudouin. Der Verurteilte müsse jetzt mit Verhaftung rechnen, sollte er Mauretanien verlassen.
In Mauretanien forderte ein regierungsnaher Dachverband die Regierung auf, keine Soldaten mehr nach Frankreich zu schicken. Die inkriminierten Taten seien 1994 amnestiert worden und „die französische Justiz sollte das respektieren“. D.J.