Senat produziert eifrig Luftblasen

Damit Berlins Fischen nicht der Sauerstoff ausgeht, fährt das Land schweres Gerät auf: Ein Belüftungsschiff patrouilliert, Pumpanlagen pusten Luft in zwei Seen. In Mecklenburg-Vorpommern greift man zu noch raffinierteren Methoden

Mit einer riesigen Sprudelmaschine hat das Ganze nichts zu tun, auch wenn es so klingt. Das Belüftungsschiff „Rudolf Kloos“ schippert in diesen Tagen wieder über Berlins Gewässer. Seine Mission lautet: Leben retten. Wenn zum Beispiel dem Landwehrkanal wegen verrottender organischer Stoffe die Luft ausgeht (Bericht oben) und damit auch den Fischen, drücken die Pumpen der „Rudolf Kloos“ mit Sauerstoff angereichertes Wasser hinein.

Bei der Frischwasserkur spielt die Umgebungsluft keine Rolle: Pumpen saugen das Kanalwasser an, durchmischen es mit reinem flüssigem Sauerstoff aus Tanks auf dem Schwimmkörper, anschließend verteilen es drei Düsen: „Pro Stunde können so 200 Kilo Sauerstoff eingetragen werden“, sagte Matthias Rehfeld-Klein, in der Umweltverwaltung zuständig für Wasserwirtschaft. Ziel ist immer, die Grenzwerte für den Sauerstoffgehalt, die zwischen vier und zehn Milligramm pro Liter liegen, zu erreichen.

Das Belüftungsschiff patrouilliert von Anfang Mai bis Ende September hauptsächlich auf Landwehr- und Neuköllner Schifffahrtskanal. Nicht mal zwei Meter tief, gelten sie als besonders gefährdet. Wegen des Wetters fährt das Schiff derzeit auch auf der Spree bis zur Schleuse Charlottenburg, sagt Rehfeld-Klein. Über 300 Einsatzstunden hat die „Rudolf Kloos“ bereits hinter sich.

Berlins Seen sind in der Regel eher flach, viele sind nur um die sieben Meter tief. Zwei Ausnahmen sind der Tegeler und der Groß Glienicker See. Beide sind so tief, dass Wasserschichten mit unterschiedlichen Temperaturen übereinander lagern. Damit in tieferen Schichten der Sauerstoff nicht knapp wird, betreibt das Land Belüftungsanlagen. Eine Kompressorstation am Ufer pustet normale Luft über eine Leitung nach unten. „Dabei löst sich nur ein Teil des Sauerstoffs im Wasser, doch über längere Zeit ist das Verfahren effektiv“, sagt Rehfeld-Klein.

Mit einem etwas komplizierter gelagerten Projekt haben Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) jüngst einen See in Mecklenburg-Vorpommern gerettet. Der Tiefwarensee in der Müritz musste zu DDR-Zeiten große Mengen Phosphor verkraften, das etwa aus Dünge- oder Waschmitteln stammte. Die Folge: Durch Algenwucherungen war der See von nahezu völligem Sauerstoffschwund in der Tiefe bedroht, die Fischpopulation litt entsprechend.

Seit 2000 griffen die Forscher zu mehreren Heilmethoden: „Während des Sommers haben wir mit einer Anlage das Tiefwasser belüftet und durchmischt“, erklärt Thomas Mehner vom IGB. Zusätzlich leitete das Team Kalkmilch ein, so genanntes Calciumhydroxid. Weil das Seewasser in natura schon viel Kalk enthält, entstand eine Übersättigung. „Es bilden sich Kristalle, die den angenehmen Nebeneffekt haben, Phosphor zu binden“, fügt Mehner hinzu. Ein weiterer Stoff – das Aluminat – sorgte dafür, dass der so gebundene Nährstoff am Grund bleibt.

Das Verfahren ist im Prinzip marktreif. Allein die Kosten sorgen aber dafür, dass es sich keine Gemeinde für ihre umgekippten Seen leisten mag. Jährlich werden rund 100.000 Euro für Betrieb, Wartung und Material fällig. ULRICH SCHULTE