: Willkommener Fremdenverkehr
Die Tour führt ins Badische. Zwei Etappen werden im Ländle gefahren. Und Jan Ullrich fühlt sich geehrt
KARLSRUHE dpa/taz ■ Die Sperrstunde wird aufgehoben. Schüler haben schulfrei. Und die Mensa in Karlsruhe bietet „Die Woche der französischen Spezialitäten“. Baden freut sich auf 24 Stunden Tour de France. Jan Ullrich, Lance Armstrong & Co. rollen ins Ländle. Erstmals seit 2002 macht die Schleife wieder einen Abstecher nach Deutschland; nach 178 Kilometern rollt der Tross wieder über die Grenze. Die 7. Etappe endet am Freitag in Karlsruhe, der 8. Abschnitt startet am Samstag in Pforzheim. Die Organisatoren rechnen mit jeweils etwa 500.000 Zuschauern.
Etappe sechs an Bernucci
Die sechste Etappe gewann der Italiener Lorenzo Bernucci am Donnerstag. Sie führte über 199 km von Troyes nach Nancy. Der Radprofi vom Fassa-Bortolo-Team siegte auf dem von einem Massensturz kurz vor dem Ziel überschatteten Teilstück vor dem Kasachen Alexander Winokurow von T-Mobile und Robert Förster vom Team Gerolsteiner.
„Das wird eine ganz tolle Sache“, frohlockt Jan Ullrich. „Alle, die ich kenne, werden in Karlsruhe sein. Schade eigentlich, dass es keine Bergankunft in Deutschland gibt, dann hätte ich ganz vorne mitmischen können.“ Und schließlich: „Für uns deutsche Fahrer ist es eine große Ehre, dass die Tour einen Abstecher nach Deutschland macht.“ Die Heimfahrt wird Ullrich nicht viel nutzen. Er und Armstrong dürften im Pulk unterwegs sein und sich keine Sekunden klauen.
„Um die Tour nach Baden-Württemberg zu locken, haben wir uns etwas Besonderes einfallen lassen: das Fahrrad“, heißt es in einer Anzeige des Landes Baden-Württemberg. Das erfand 1817 der Karlsruher Karl Friedrich Drais. 170 Jahre später war die Karawane der besten Radsportler erstmals in den beiden deutschen Städten zu Gast. 2005 wird es in Karlsruhe die mit vier Kilometern längste Zielgerade der Tour-Geschichte geben.
Ullrich sei vor heimischem Publikum besonders motiviert, glaubt Lance Armstrong. Bisher konnte der T-Mobile-Kapitän den vermeintlichen Vorteil nicht nutzen: Beim Einzelzeitfahren 2000 in Freiburg unterlag Ullrich dem späteren Tour-Sieger aus Texas. Vom angriffslustigen Jens Voigt ist freilich einiges zu erwarten. Dessen Teamchef Bjarne Riis kündigte an, Voigt könne nach Gusto attackieren. Der Radprofi aus der Hauptstadt lag vor der 6. Etappe nur 1:04 Minute hinter Armstrong.
„Der Haushalt beträgt 1,2 Millionen Euro. Wir rechnen damit, dass 12 Millionen Euro in der Stadt hängen bleiben“, sagte Günter Wohlfahrt, Geschäftsführer der Karlsruher Messe- und Kongress GmbH. „Die Tour ist nicht nur eine Sportveranstaltung, sondern ein riesiger Wirtschaftsfaktor.“ Handel, Hotellerie und Gastronomie rechnen -+mit einem Umsatz von 15 Millionen Euro. Rund 500.000 Euro beträgt das Pforzheimer Budget, davon trägt die Stadt etwa ein Zehntel. Für den Rest kommen Sponsoren auf. Die Société du Tour de France kassiert laut den Organisatoren in Pforzheim 72.000 Euro Lizenzgebühren. Rund das Doppelte musste die Stadt Karlsruhe zahlen.
Beide Städte planen im Rahmen der Etappen große Stadtfeste samt Kulturprogramm: In Karlsruhe finden Konzerte von Mariah Carey und Seal statt. Sheryl Crow könnte sich anschließen – sie folgt ihrem Lebenspartner Armstrong ohnehin seit dem Tour-Start. Pforzheim wartet mit der „Star Tour“ auf, bei der Prominente einen Teil der Tour-Strecke fahren, darunter Bänkelsänger Roberto Blanco, Bundeswehrberin Jeanette Biedermann und Skispringer a. D. Sven Hannawald.