: Die Agenda der Zielgruppe
TELEVISION Das Netz ist nicht nur unliebsame Konkurrenz für die Fernsehsender. Online lässt sich Werbung besser auf spezifische Zuschauergruppen zuschneiden. Manche Serien werden heute zuerst im Netz gestreamt
Nicht nur illegal zur Verfügung gestellte Kopien und Streams setzen dem klassischen Rundfunkbetrieb zu. Es gibt kaum eine Serie, die vor ihrer Ausstrahlung nicht bereits im Netz zu finden wäre – auch wenn es sich dabei oft nicht um legale Angebote handelt. Insbesondere für die Privatfernsehsender bedeutet diese Konkurrenz eine Herausforderung: Bei Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren sind Fernseher und Internetzugang bereits gleichermaßen verbreitet: 99 Prozent haben laut der „Jugend, Medien, Internet“-Studie 2011 Zugang zu beiden Kanälen.
Die Fernsehsender haben auf die Entwicklung reagiert: Sie versuchen, auch mit den Mitteln des Netzes die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu erregen. „Laptop oder Smartphones haben sich schon in vielen Wohnzimmern einen festen Platz auf der Fernsehcouch erobert. Über den zweiten Screen werden TV und Internet parallel genutzt“, sagt Marcus Prosch, Leiter der Kommunikation Sales und Diversifikation bei ProSiebenSat1. Das „SocialTV“ sei insbesondere bei den Talentshows sehr erfolgreich. Sender der Gruppe veröffentlichen aber auch Serienfolgen oft unmittelbar nach der Ausstrahlung im Internet – oder gar zuerst dort. „Wir strahlen teilweise neue Serien, die in Deutschland noch keinen großen Bekanntheitsgrad haben, im sogenannten Online-First- Modus aus, um die neuen Geschichten auf die Agenda der Zielgruppe zu bringen. Mit großem Erfolg lief die Serie ‚Sons of Anarchy‘ zunächst nur online auf MyVideo“, sagt Prosch. 15 Millionen Mal soll auch die erste Staffel der Serie „Spartacus“ geschaut worden sein. „Sensationell“, findet Prosch.
Die Idee ist simpel: Es ist nicht mehr so wichtig, auf welchem Ausstrahlungskanal die Zuschauer gewonnen werden können, solange man ihnen Werbung servieren kann. Wer einfach und legal Zugang zu aktuellen Inhalten findet, muss sich nicht auf den oft recht umständlich zu bedienenden und werbeüberfrachteten Plattformen der illegalen Angebote umsehen.
Insbesondere das sogenannte Catch-up-TV ist für die Privatsender wichtig geworden: Wer Folgen verpasst hat, weil er zur Ausstrahlungszeit nun einmal keine Zeit hatte, kann diese Folgen online nachschauen. Manche der Sender verwenden für die Ausstrahlung ihre eigenen Websites, oder sie nutzen eigene Portale wie etwa MyVideo. In beiden Formen wird Werbung präsentiert. Und da im Netz anders als beim klassischen Rundfunk die Zuschauer sogar relativ genau einzuschätzen sind, kann ihnen Werbung eingeblendet werden, die auf sie zugeschnitten ist. Für die Sender ist die Onlineausstrahlung bares Geld wert: Nur was sie selbst im Internet zur Verfügung stellen, können die Zuschauer auch auf Plattformen wie Twitter und Facebook teilen.
FALK LÜKE