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Archiv-Artikel

„Wir warnen weiter“

Eine bisher unbekannte Al-Qaida-Gruppierung bekennt sich zum Anschlag. Experten: nicht unglaubwürdig

KAIRO taz ■ In der arabischen Welt rührte man kurz nach den Anschlägen bei der Frage, wer hinter den Terrorattacken stecken könnte, ebenso im Kaffeesatz wie in Europa. Sicherheitsexperten, die in den arabischen Medien auftraten, hielten es aber immerhin für möglich, dass die Täter aus islamistischen Kreisen stammen oder sogar mit al-Qaida in Verbindung stehen, nicht zuletzt mit dem Hinweis, dass die Anschläge genauso wie in Madrid im März 2004 öffentlichen Verkehrsmitteln gegolten haben. Im Internet tauchte dann wenige Stunden nach den Anschlägen ein Bekennerschreiben einer so genannten „Geheimen Al-Qaida-Organisation“ in Europa auf, einer bisher unbekannten Gruppierung.

Darin wird die islamische Gemeinde für die Anschläge beglückwünscht. „Es war an der Zeit an der kreuzfahrerischen jüdisch-britischen Regierung für ihre Verwicklungen in Afghanistan und Irak Rache zu nehmen“, heißt es in dem Schreiben, das die Attentate in London als einen „heroischen Akt“ bezeichnet. Großbritannien brenne vor Angst und Terror, im Norden, Süden Osten und Westen, heißt es weiter in dem 200 Worte langen Dokument. „Wir haben die britischen Regierung und das britischen Volk gewarnt, und nun haben die Mudschaheddin nach langen und schwierigen Vorbereitungen ihre Versprechen eingelöst“, schreiben die Verfasser weiter. „Wir warnen auch weiterhin“, heißt es in dem Dokument, „die Regierungen Dänemarks und Italiens und alle weiteren Kreuzfahrer-Regierungen.“ Alle Staaten werden aufgefordert, ihre Truppen aus Afghanistan und dem Irak abzuziehen.

Die Authentizität des Dokuments konnte bisher nicht sicher festgestellt werden. Auf der gleichen Webseite – dem Forum „al-Qala’a“ – wurde in der Vergangenheit immer wieder falsches, aber zuletzt auch glaubwürdiges Material veröffentlicht. Zuletzt sind dort unter anderem immer wieder Bulletins der irakischen Al-Qaida-Filiale aufgelaufen.

Großbritannien allerdings ist eines der ersten Ziele für militanten Islamisten, die ihren Dschihad nach Europa zu tragen versuchen. Die Armee des Königreichs war nicht nur im Irakkrieg, sondern auch in der darauf folgenden Besatzung des Irak verstrickt. Das besondere transatlantische Verhältnis zwischen London und Washington ist sprichwörtlich. Erst am Wochenende berichtete die britische Sonntagszeitung Observer von britischen Steuermitteln, die für den Aufbau der Polizei im Irak bestimmt waren, aber für Folterzentren und für die Ausrüstung irakischer Todesschwadronen verwendet worden sein sollen.

Die irakische Regierung streitet die Vorwürfe vehement ab. Der Hinweis im Internet auf eine „lange und schwierige Vorbereitung“ lässt, falls sie authentisch ist, einen direkten Zusammenhang allerdings unwahrscheinlich erscheinen. In der arabischen und islamischen Gemeinde in Großbritannien soll nach Berichten des arabischen Fernsehsender al-Dschasira Panik ausgebrochen sein. Zahlreiche muslimische und arabische Eltern sollen gestern unmittelbar nach den Anschlägen ihre Kinder aus Angst vor Racheaktion verfrüht von der Schule abgeholt haben. KARIM EL-GAWHARY