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Archiv-Artikel

Christliche Rechte predigt den Klimaschutz

Ungewöhnliche Allianzen in den USA: Evangelikale widersprechen Präsident Bush und wollen weniger Treibhausgase

WASHINGTON taz ■ Sie predigen gegen Abtreibung, Schwulenehe, Sterbehilfe, und sie bilden George W. Bushs zuverlässigste Wählerbasis: konservative religiöse Gruppen. Als Umweltaktivisten sind sie bislang nicht aufgefallen. Doch das ändert sich. Wenn europäische Umweltgruppen enttäuscht auf den G-8-Gipfel reagieren, dann können sie sich wenigstens damit trösten, dass eine der stärksten konservativen Bewegungen in den USA mittlerweile auf ihrer Seite ist.

Dass sich die christliche Rechte für den Schutz der Schöpfung interessiert, ist relativ neu. Erstmals gelangten die Evangelikalen vor zwei Jahren in die Schlagzeilen: Der Prediger Jim Ball startete die Kampagne „What would Jesus drive?“ und proklamierte, dass Benzin verschlingende Geländewagen unchristlich seien.

Inzwischen hat sich auch die mächtige „National Association of Evangelicals“ mit 30 Millionen Mitgliedern in einem richtungsweisenden Papier an die Christen Amerikas gewandt, „sich für den Schutz von Gottes Werk einzusetzen“. Die Regierung sei „verpflichtet, ihre Bürger vor weiterer Umweltzerstörung zu bewahren“.

Der Direktor der Organisation, Ted Haggard, traf sich mit Tony Blair, als dieser im vergangenen Monat Washington besuchte. Gemeinsam erörterte man das Problem der Erderwärmung; hinterher warb Haggard für die Klimapolitik des britischen Premiers. Das weit verbreitete Magazin Christianity Today stellte sich hinter einen Gesetzentwurf, der im US-Senat verhandelt wird und verbindliche Emissionsgrenzen für Treibhausgase fordert – ein Ansinnen, das Bush jedoch vehement ablehnt.

Doch nicht alle Christenmenschen sind froh über das neue Engagement. Die wohl einflussreichste Organisation der christlichen Rechten, „Focus on the Family“, folgt lieber der biblischen Aufforderung „Mache dir die Erde untertan“. Sie will daher keine Politik unterstützen, die den Schutz von Pflanzen und Tieren zum Ziel hat.

Prediger Haggard ist jedoch überzeugt, dass die neuen Grünen die republikanische Politik langfristig ändern werden. „Wir haben das Mandat der Bibel und müssen uns daher um die Umwelt kümmern.“ Die christliche Rechte sei für die Republikaner so bedeutend, glaubt auch Politikexperte John Green von der University Akron, dass sie einen Kurswechsel innerhalb der Partei herbeiführen könnte. „Das Thema Abtreibung hat gezeigt, wie erfolgreich diese gut organisierte Wählergruppe ist.“

MICHAEL STRECK