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Archiv-Artikel

Ein Lesekreis für den rechten Rand

Neurechte in NRW benutzen einen so genannten „Akademiekreis“ zur revisionistischen Propaganda

„Die Praxis des Akademiekreises erinnert an konspirative Lesezirkel aus dem Umfeld der NPD“

Ein „Akademiekreis“ sorgt seit einiger Zeit für Unruhe am rechten Rand. Alle vier bis sechs Wochen lädt der Kreis revisionistischer Wissenschaftler zu Vortragsreihen „die sich insgesamt den Interessen unseres Landes verpflichtet fühlen“. Doch die Reihe geriet zuletzt ins Stocken. Für die nächste Veranstaltung, die turnusgemäß innerhalb der kommenden zwei Wochen statt finden sollte, gibt es keinen Ort mehr. Der Grund: Die für den 11. Juni dieses Jahres angekündigte Veranstaltung „Erinnern und Vergessen – Ein pathologischer Vorgang – zum Umgang der Deutschen mit dem Gedenken und der Zeitgeschichte“, in der Dortmunder Westfalenhalle musste abgesagt werden. Der Veranstalter befürchtete, dass die dort vertretenen Thesen „von rechten Kreisen aufgegriffen werden könnten“. Nun suchen die „Akademiker“ Ersatz.

„Die Praxis erinnert an konspirative Lesezirkel aus dem Umfeld der NPD“, sagte Martin Dietzsch vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS). Diese Kreise seien immer nur für kurze Zeit aufgetaucht und dann wieder verschwunden. „Dabei haben sie ihre Namen ständig geändert.“ Ob auch der „Akademiekreis“ zum Umfeld dieser konspirativen Lesezirkel gehört, ist unklar. Auch dem Verfassungsschutz liegen darüber keine Informationen vor.

Kein Zweifel besteht indes darin, aus welcher politischen Ecke der Akademiekreis kommt: Treibende Kraft ist Werner Keweloh aus Rheinbach. Der Politologe fiel unter anderem dadurch auf, dass er bei der Jugendgruppe „Junge Deutsche“ der neonazistischen „Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft“ referierte. Keweloh versucht unter dem Deckmantel historischer und politischer Themen, innerhalb der Neuen Rechten zu wirken. Dabei reduziert der Kreis sein lokales Wirken auf Nordrhein-Westfalen. Außerdem gibt es zahlreiche Kontaktadressen nach „Südamerika, Namibia und Südafrika“.

Im laufenden Jahr fanden NRW-weit drei Veranstaltungen statt. Als Redner des abgesagten Vortrages in Dortmund war der ehemalige Referatsleiter in der Bundeszentrale für politische Bildung, Klaus Wippermann, angekündigt. In der rechtsextremen Jungen Freiheit bezeichnete Wippermann die Wehrmachtsausstellung als „Reemtsmas Privatkrieg gegen die Deutschen“. Das Potsdamer Abkommen stellt für ihn einen „Völkermord und den größten Landraub der neueren Geschichte“ dar.

Auch sonst verfolgt der „Akademiekreis eindeutige Ziele: „Deutsche Friedensbemühungen 1939 / 1941 und ihre Hintertreibung durch die britische Diplomatie“. Referent des Vortrages war Olaf Rose, ehemaliger Archivar der Stadt Herne. Rose musste im Sommer seine Stellung aufgeben, nachdem die taz nrw aufgedeckt hatte, dass er auf Einladung der sächsischen NPD über die deutsche Geschichte referiert und sich auch sonst am rechten Rand aufhält. Die Wehrmachtsausstellung ist für ihn „der größte Skandal der Bundesgeschichte“, Horst Mahler ein „zu Unrecht verschmähter Intellektueller“.

Aktuell unterzeichnet Rose Einladungen des „Akademiekreises“ – gemeinsam mit dem Lippstädter Rechtsanwalt Klaus Petri aus Lippstadt, einem ehemaligen Mitglied der rechtsextremen „Republikaner“. Im vergangenen Jahr schlug Petri deren Selbstauflösung vor, da sie sich nicht für andere Kräfte der Rechten öffne. Auch mit dabei: Der Bonner Tilmann Reichelt und Friedrich Löffler aus Wesseling. Beide sind im Vorstand der rechtsextremen „Bürgerbewegung pro Deutschland“ – einem Ableger der Kölner Ratspartei „pro Köln“. Eine illustre Runde also. HOLGER PAULER