Ranghoher Diplomat kündigt Diktator Assad die Treue

SYRIEN Botschafter im Irak setzt sich ab. HRW wirft Assad-Regime Einsatz von Streubomben vor

DAMASKUS/KAIRO/BERLIN dpa/dapd/afp/rtr/taz | Der syrische Botschafter im Irak hat sich der Opposition angeschlossen. Nawaf Fares ist der bislang ranghöchste Diplomat, der dem Regime die Gefolgschaft kündigt. „Ich gebe bekannt, dass ich von nun an auf der Seite der Revolution stehe“, sagte Fares am Mittwoch im arabischen TV-Sender al-Dschasira und forderte alle Syrer auf, sich gegen Assad zu stellen. „Worin liegt die Ehre, unsere Landsleute zu töten? Die Nation sind alle Menschen, nicht eine bestimmte Person.“ Die syrische Regierung erklärte in Reaktion, sie habe Fares entlassen. Unbestätigt blieben Berichte aus Katar, wonach Faris vom Nordirak aus in den Golfstaat gereist sein soll, wo sich angeblich bereits seine Familie aufhielt.

Unterdessen erwägt Assad angeblich Gespräche mit seinen Gegnern über die Bildung einer Übergangsregierung. Er habe mit dem Staatschef über diesen Schritt gesprochen, und Assad habe einen möglichen Unterhändler genannt, sagte der UN-Sondergesandte Kofi Annan.

Beim UN-Sicherheitsrat kursierten derweil neue Resolutionsentwürfe zu Syrien. Einer der westlichen Staaten, der am Donnerstag verhandelt werden sollte, droht erstmals nichtmilitärische Sanktionen nach Artikel 41 der UN-Charta an. Er setzt dem syrischen Regime eine Frist von zehn Tagen, das Töten zu beenden. Dann sollen Sanktionen greifen. Russland hat allerdings bereits angekündigt, auch diesen vierten Resolutionsentwurf nicht mitzutragen. Militärische Optionen werden in dem Entwurf nicht erwähnt.

Unterdessen wirft die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) den Regierungstruppen in Syrien vor, international geächtete Streubomben einzusetzen. Neue Internetvideos zeigen Überreste von Streubomben, die offenbar in Dschabal Schahschabu bei Hama gefunden worden seien, erklärte HRW am Donnerstag. Ein Rebellenvertreter berichtete, dass die Region seit zwei Wochen immer wieder von der syrischen Luftwaffe bombardiert werde, da sich dort zahlreiche Rebellen in Höhlen versteckten. HRW zufolge zeigen die Videos die Außenhülle einer Streubombe vom Typ RBK-250, die nur von Flugzeugen aus abgeworfen werden kann, sowie ein Dutzend der darin enthaltenen Minibomben aus sowjetischer Fabrikation.

Nun geraten auch die wenigen geduldeten Oppositionellen in Syrien zunehmend unter Druck. Am Donnerstag berichtete das „Nationale Koordinierungskomitee für den demokratischen Wandel“, ein führendes Mitglied der Organisation sei von Beamten der Staatssicherheit verschleppt worden. Bassam al-Malak sei sofort vor einen Richter gezerrt worden. Dieser habe dem Geschäftsmann aus Damaskus vorgeworfen, er habe einen Streik aus Protest gegen das Regime organisiert. Anschließend sei er ins Gefängnis gebracht worden.

Im Nordosten Syriens, der hauptsächlich von Kurden bewohnt wird, kam es zu einem historischen Bündnis: Der Kurdische Nationalrat, in dem rund ein Dutzend kurdische Parteien organisiert sind, gab den Zusammenschluss mit dem West-Kurdischen Volkskomitee bekannt. So solle das „kurdische Haus“ gebaut werden, um „Einheit im Kampf“ herzustellen. JAZ