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Archiv-Artikel

Therapie senkt die Rückfallquote

In einem bundesweit einmaligen Projekt der Landesregierung sind jugendliche Sexual(straf)täter drei Jahre lang intensiv betreut worden. Mit Erfolg, wie der jetzt vorgelegte Abschlussbericht festhält

VON SUSANNE GANNOTT

Nun liegt er vor, der Abschlussbericht über ein bundesweit einmaliges Modellprojekt der NRW-Landesregierung für jugendliche Sexual(straf)täter. Das Fazit der Wissenschaftler, die das Projekt begleitet haben: Therapieangebote für sexuell übergriffige Kinder und Jugendliche sind teuer, aufwändig – aber erfolgreich. „Wir hatten eine Rückfallquote von drei Prozent. Das ist extrem wenig“, sagt die Honorarprofessorin für Kriminalpsychologie an der Uni Köln, Sabine Nowara, die den Bericht zusammen mit dem Recklinghäuser Psychologen Ralph Pierschke verfasst hat.

Das damalige Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familien hatte das Projekt 2001 ins Leben gerufen, weil sexuelle Übergriffe durch Kinder und Jugendliche in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben – oder zumindest häufiger öffentlich gemacht wurden (siehe Interview).

So ist laut Bericht die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren von 872 im Jahre 1987 auf 2.335 im Jahr 2001 um gut 260 Prozent gestiegen. Der Anteil der tatverdächtigen Kinder (unter 14 Jahren) hat sich in dieser Zeit sogar von 216 auf 722 mehr als verdreifacht. Vor dem Projekt gab es für die wachsende Klientel jugendlicher Sexualtäter allerdings NRW-weit nur in Bochum und Gelsenkirchen spezielle Behandlungsangebote, heißt es in dem Bericht. „Von einer flächendeckenden Versorgung konnte keinesfalls die Rede sein.“

Das ist inzwischen anders. Im Rahmen des Modellprojekts haben vier weitere Beratungsstellen in Düsseldorf, Bielefeld, Bergisch Gladbach und Bochum spezielle Angebote entwickelt. Insgesamt wurden in den drei Jahren, die das Projekt lief, 324 sexuell auffällige Jungen, männliche Jugendliche und Heranwachsende sowie sechs Mädchen therapeutisch betreut. „Das Projekt war zwar ausdrücklich auch für Mädchen ausgeschrieben, aber es ist nun einmal so, dass sexuelle Übergriffe vor allem von Jungen und männlichen Jugendlichen begangen werden“, erklärt Sabine Nowara.

Was die Suche nach den Ursachen sexueller Gewalt unter Kindern und Jugendlichen angeht, so hält der Bericht fest, dass die behandelten Jungen fast alle mit vielfältigen familiären und sozialen Problemen belastet sind. Viele entstammen armen Verhältnissen, haben Eltern mit Sucht- oder Kriminalitätsproblemen, erfahren zu Hause Gewalt. Für den Erfolg der Behandlung sei es daher unerlässlich, auch den Eltern zu helfen. Diese Jungen, so das Fazit, bedürfen „hinsichtlich all dieser Problemfelder einer breiten Unterstützung“.