: Rot-Grün hat fertig
betr.: „Münte mobilisiert Motivationslose“, taz Bremen vom 13.7.2005
“Wahlmanifest im Dialog“, so war der Auftritt von Münte in der Neuen Vahr angekündigt. Die SPD hat eindrucksvoll demonstriert, was sie seit sieben Jahren Bundesregentschaft unter „Dialog“ versteht: Einer redet laut und lange, sagt aber eigentlich nicht viel (Münte), zwei weitere reden auch, aber nur deswegen, um sich gegenseitig abermals auf die Schultern zu klopfen (die Kandidaten, wahrlich keine neuen Gesichter). Der volle Saal darf zuhören und klatschen, so mögen’s die Genossen. Wen hat Münte mobilisiert? Die 80 Prozent Rentner im Publikum, die, mit Verlaub, sowieso nur eine Stelle auf dem Wahlzettel kennen. Der Rest? Sozialarbeiter, Lehrer, Linke und vielleicht einige (wenige) Arbeitslose hören kopfschüttelnd bis verbittert zu – und wählen die SPD nach dieser Vorstellung garantiert nicht. Da kommen Erinnerungen hoch: Im Hamburger Arbeiterbezirk Wilhelmsburg, der Neuen Vahr durchaus ähnlich, sind sie beim Machtwechsel an der Elbe im September 2001 scharenweise zu Schill übergelaufen, in manchem Hochhaus dürfte der Rechtsdemagoge die absolute Mehrheit erzielt haben. So wird es in der Neuen Vahr, Gott (?) sei Dank, nicht kommen. Der Protest gegen Ratlosigkeit und Verlogenheit der etablierten Parteien hat mit der neuen Linkspartei längst eine gänzlich andere Gestalt angenommen. Und wer wirklich hinhört und die Programme liest, findet dort wahrlich mehr als Stammtischparolen a la „Recht auf Faulheit“, „Heuschrecken“ oder gar Vergleiche mit dunkeldeutschen Zeiten („Arbeit macht frei“).
Der SPD-Chef hat in seinem 60-minütigen Vortrag fast nichts zum Thema Arbeit gesagt – und das soll Motivationslose mobilisieren? Mit drei Worten ist alles gesagt: Rot-Grün hat fertig!
Mathias Kuhlmann, Bremen