: Amtsgericht entscheidet: Einmauern geht gar nicht
MIETEN Amtsgericht Tiergarten urteilt zugunsten einer Mieterin der Moabiter Calvinstraße 21
Nach sechs Monaten Rechtsstreit feiern die MieterInnen der Calvinstraße 21 in Moabit einen ersten Sieg. Seit Dezember 2011 versperrt dort eine Mauer die Sicht aus Küchen- und Badezimmerfenster einer Mieterin. Weitere Mieter wehren sich dagegen, ihre Wohnungen wegen Modernisierungsarbeiten gegen kleinere Ersatzwohnung zu tauschen. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte nun die Gebäudeeigentümerin Terrial Stadtentwicklung GmbH dazu, die Mauer vor den Fenstern zu entfernen. „Nicht erst seit dem Fall ‚der Mauer‘ ist es allgemein kundig, dass Mauern auch wieder beseitigt werden können“, heißt es in der Urteilsbegründung leicht ironisch.
Die Mauer gehört zu einem Neubau, den die Eigentümerin auf einem Nachbargrundstück errichtet hatte. Vor Gericht behauptete das Unternehmen, die MieterInnen hätten bei einer Versammlung „1994 oder 1995“ dem Zumauern ihrer Fenster zugestimmt, konnte dies aber nicht beweisen. Weiterhin argumentierte es, die Kosten der Wiederherstellung des früheren Zustands würden die Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten – es habe das Grundstück bereits weiterverkauft. Auch diesen Einwand ließ das Gericht nicht gelten: „Die Eigentümerin hat die Situation selbst geschaffen, indem sie die Mauer errichtet hat, statt eine Verständigung mit der Mieterin herbeizuführen.“
Die von mehreren Mietern vorgenommene Mietminderung beurteilte das Gericht als „sehr moderat“. Bei einem Ortstermin hatten die Richter Mängel im Gebäude festgestellt. Was den Umzug in kleinere Ersatzwohnungen betrifft, befand das Gericht, es könne den MieterInnen nicht zugemutet werden, „sich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr so zusammenpferchen zu lassen“.
Mitschuldig an der Situation sei auch der Baustadtrat in Mitte, Carsten Spallek (CDU), der die Baugenehmigung erteilt habe, sagte der Anwalt der Mieter, Christoph Müller. Noch Anfang Juli habe Spallek erklärt, dass zur Wiederherstellung der Fenster die Rechtsgrundlage fehle.
Dass Berufung einlegt werde, sei „sicher wie das Amen in der Kirche“, so Müller. Das Landgericht sei aber für vermieterfreundliche Urteile bekannt. KID