Die World Games in der Tagesschau

Die World Games gehen mit einem Zuschauerrekord zu Ende. Olympia-Chef Rogge sieht keine Konkurrenz für olympische Spiele. Als regionales Volksfest taugen die Weltspiele der nichtolympischen Sportarten allemal

„Gemessen an Vormittags-Veranstaltungen hatten wir prozentual mehr Zuschauer als die Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen“

AUS DUISBURG ROLAND LEROI

Ganz am Ende konnte Kora Knühmann doch noch jubeln. Eigentlich hatte sich die Karate-Kämpferin aus Duisburg bei den World Games vor heimischem Publikum zwar die Goldmedaille vorgenommen, doch mit Bronze mochte sich die 21-Jährige auch trösten. „Ich bin gut, aber die Japanerin war es eben auch“, sagte Knühmann.

Im Halbfinale unterlag sie Tomoko Araga mit 1:5. Im Kampf um den dritten Platz siegt sie über Lisbeth Castro (Venezuela) klar. Danach genoss Knühmann die Ovationen der rund 700 Zuschauer in der Kraftzentrale, einem Industrie-Denkmal im Duisburger Norden. „Bei Weltmeisterschaften geht es zwar auch recht laut zu, aber diese Stimmung war schon gigantisch“, meinte die Sportsoldatin. Für sie waren die World Games etwas Besonderes. Sie hatte die Weltspiele der 40 nicht-olympischen Sportarten als Botschafterin unterstützt.

Für die Veranstalter war der schlussendliche Erfolg des „Mega-Events“ Balsam. „Weit über den Erwartungen“ lägen die Besucherzahlen der World Games und neben der „wahnsinnig tollen Stimmung“, sei auch der Imagegewinn für das grau-blasse Duisburg mit Geld nicht aufzuwiegen, sagte Peter Langner. Der Kämmerer der hoch verschuldeten Stadt kann nicht oft positive Bilanzen ziehen. Deshalb genoss der Herr über die Finanzen die gestrige Abschlussfeier umso mehr – in seiner vorübergehenden Funktion als durchaus erfolgreicher Geschäftsführer der World Games.

Im Vorfeld der Weltspiele von 40 nicht-olympischen Sportarten konnte ein finanzielles Desaster nicht ausgeschlossen werden. Langner und seine Crew sehen den Erfolg daher mit Genugtuung. Sie sind stolz auf das weltweit beachtete Ereignis, dass sogar Olympia „in den Schatten“ stelle.

Mehr als 300.000 Besucher, so die allerdings äußerst wohlwollenden Schätzungen des Veranstalters, hätten an den zehn Tagen die World Games-Plaza, die als Kleinkunst- und Gastronomie-Meile im Zentrum des Sportpark Wedau aufgebaut wurde, gefüllt. Im Verbund mit den etwa 150.000 verkauften Eintrittskarten für die Sportveranstaltungen, sei das ein World Games-Rekord. „Gemessen an Vormittags-Veranstaltungen hatten wir prozentual mehr Zuschauer als die Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen“, rechnete Ron Froehlich, Präsident der Internationalen World Games Assoziation (IWGA), stolz vor.

Jacques Rogge, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wohnte der Eröffnungsfeier vor einer Woche bei. Die Vergleiche seines Kollegen wird er allerdings nicht gerne hören. Rogge hatte bereits ebenso höflich wie unmissverständlich erklärt, dass es nichts Größeres als Olympia gebe und die World Games maximal der kleinere Bruder seien.

Dieser will nun mehr Beachtung und glaubt in Duisburg die richtige Plattform gefunden zu haben. Zumal der Spaßfaktor extrem hoch war. Volle Tribünen beim Sportkegeln, Faustball, Kanupolo oder Tauziehen werden die Athleten so schnell nicht mehr zu teil. Die Zuschauer aus der Rhein/Ruhr-Region entdeckten die World Games als großes Volksfest, bei dem es allerlei sehenswerte Attraktionen zu bestaunen und nichts auszusetzen gab. Die Sportler zeigten in abenteuerlich anmutenden Disziplinen Höchstleistungen und erfreuten sich am großen Interesse des Publikums. „So etwas werden wir nie mehr erleben“, sagt Rettungsschwimmer Lutz Heimann, der sich darauf einstellt, demnächst wieder in leeren Schwimmhallen seinem Sport nachzugehen.

Regional waren die World Games dementsprechend ein voller Erfolg, der national zwar wahrgenommen, aber nicht überall als solcher gewertet wurde. „Wir waren sogar in der Tagesschau“, ließ die Pressestelle zwar stolz wissen, doch schon die Einschaltquoten des WDR-Fernsehens sackten nach wenigen Tagen in den Keller. Nur noch 150.000 Zuschauer wollten die stiefmütterlich an den späten Abend gelegte Zusammenfassung sehen. Auf der anderen Seite interessierten sich überregionale Zeitungen stark für die World Games. Medien, die sich bis zur letzten Woche nicht für Randsportarten begeistern wollten, entdeckten plötzlich die Neugierde an Kanupolo, Tauziehen oder Casting, dem Wettkampf der Sportangler. „Hier gab es Sachen, die du so geballt sonst nirgendwo siehst“, meinte Hockey-Rekordnationalspieler Christian Mayerhöfer, der schon an drei Olympiaden teilnahm und nun bei den World Games im Hallenhockey antrat. Nur wer vor Ort war, konnte sich auch begeistern lassen.

Auch wenn der Anspruch, mit Olympia zu konkurrieren, das Thema verfehlt hat, bleibt am Ende doch etwas zurück. Duisburg behält neben einer Speed-skating-Bahn, die künftig Freizeitsportler nutzen, noch einige renovierte Sportstätten. Und wenn erst exakte Zahlen vorliegen, hält sich das wirtschaftliche Minus vermutlich auch in Grenzen. Mehr war nicht zu erwarten.

Für manche der 3.500 teilnehmenden Athleten aus den knapp 100 vertretenen Ländern bleiben außerdem Medaillen als Erinnerungen für die Ewigkeit. Elgin Justen (Brühl) räumte beim Sportkegeln etwa doppeltes Gold ab, die Duisburgerin Gudrun Deterding gewann Bronze im Boule, die deutschen Kanupolo-Frauen weinten Freudentränen als sie Gold umgehängt bekamen und in der Lebensrettung siegten die deutschen DLRG-Schwimmer am Fließband. Andere waren auch mit weniger zufrieden. Der Marler Fallschirmspringer Tobias Scherrinsky wusste, dass er mit seiner Konkurrenz nicht mithalten kann und freute sich über den neunten Platz im Zehner-Teilnehmerfeld. „Die World Games waren ein Riesenerlebnis“, sagte Scherrinsky – und hatte diese Meinung nicht exklusiv.