: SOUNDTRACK
Die Reaktion auf Dinge und Menschen, die man nicht versteht, ist nicht selten Liebe oder Hass. Oder Liebe und Hass. So richtig verstanden hat man Philip Boa nie. Und geliebt hat ihn zumindest die Presse auch nie uneingeschränkt. Zickig, verschroben, größenwahnsinnig, launenhaft oder wenigstens schwierig sind die Adjektive, mit denen man das andererseits in den 80ern zum „deutschen Indie-Papst“ ernannte „sympathische Arschloch“ (Musikexpress) bedacht hat. Seit Mitte der 80er hat er gemeinsam mit seiner kongenialen Gefährtin Pia Lund und seiner Band „Philip Boa & The Voodooclub“ zehn Jahre lang einen Indie-Hit an den anderen gereiht, immer auf ein wenig anderen Wegen im beständig neu kartierten Gebiet zwischen melancholisch-melodiösem Pop, krachigem Punk und experimentierender Avantgarde unterwegs. Im Frühjahr ist bei „Rough Trade“ das 17. „Voodooclub“-Album „Diamonds Fall“ erschienen. Produziert von Tobias Siebert von den Berliner Indierockern „Klez.e“, kann man darauf den wohl am ausgeklügeltsten geschliffenen Boa-Sound der 25-jährigen Bandgeschichte hören. Nicht zuletzt durch die Mitarbeit von „Can“-Drummer Jaki Liebezeit – ein Kindheitstraum Boas – geht „Diamonds Fall“ dabei wieder neue Wege und liefert dennoch Verlässliches. Wer noch auf der Suche nach dem richtigen melancholischen Popsong zum Ausklang des Winters ist, wird hier wieder schnell fündig. Morgen Abend stellen „Philip Boa & The Voodooclub“ das Album in der Markthalle vor. Aber Vorsicht, man hüte den Mund! In Köln hat der liebenswürdige Exzentriker einst ein Konzert ganz schnell wieder abgebrochen – weil jemand ihn „alten Mann“ bezeichnet hat …Sa, 3. 10., 20 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66 MATT