Wirres Kompetenz-Geflecht

MUSEUMSSTREIT Das Bergedorfer Schloss soll zum Veranstaltungsort werden, über den Bürger entscheiden. Museumsdirektoren fühlen sich degradiert

■ Bei ihrer Gründung im Jahr 2008 bedeutete die Museumsstiftung den Zusammenschluss des Museums der Arbeit, des Museums für Hamburgische Geschichte, des Altonaer Museums und Helms Museums samt all ihrer Nebenstellen. Erklärtes Ziel waren Einsparungen durch Synergien.

■ Die Verselbstständigung des Helms Museums beschloss die Bürgerschaft im November 2011.

■ Für die Übergabe zweier Außenstellen – Bergedorfer Museum und Rieck Haus – an den Bezirk Bergedorf soll die Kulturbehörde bis Herbst 2012 ein Konzept erarbeiten.

„Dies ist eine Entmündigung“ – mit harschen Worten haben die Direktoren der Stiftung Historische Museen ein Konzept kritisiert, das der Bezirk Bergedorf erstellt hat. Er wird ab 2013 die Verantwortung für das Bergedorfer Schloss und das Rieck Haus übernehmen. Sein Konzept, schreiben die Direktoren in einem Offenen Brief an die Kultursenatorin, bedeute Qualitätsverlust und Kompetenzwirrwarr.

In dem Konzept, das der taz vorliegt, findet sich ein komplexes Geflecht von Zuständigkeiten: Anstelle des jetzigen Chefs und Ausstellungsmachers Olaf Matthes will das Bezirksamt einen eigenen Kurator anstellen. Der solle, sagt Bezirksamtsleiter Arne Dornquast, „möglichst studierter Historiker sein“ und die Ausstellungen planen. Aber nicht allein: „Beratend und begleitend“, so Dornquast, soll ein 15-köpfiger Beirat mitwirken – bestehend aus Bezirksamtsleiter, Abgeordneten sowie Vertretern von Kulturbehörde, Freundeskreisen, Museumsstiftung und Bürgerverein. Sollten sie sich nicht einigen, wird Amtsleiter Dornquast, studierter Stadtplaner, über die Ausstellungen entscheiden.

Für die wissenschaftliche Konzeption der Ausstellung soll dann aber ein Mitarbeiter der Museumsstiftung zuständig sein, aus der die Bergedorfer ausgetreten sind. Auf diese Art, schreiben deren Direktoren, werde die Stiftung „zu einer Ausstellungsagentur des Bezirksamts Bergedorf degradiert“. Auch Dornquast kann nicht recht beantworten, warum er eine so strittige Struktur ersann. Er setze auf kooperative Gespräche, sagte er der taz.

Die laufen derzeit, weshalb sich Kulturbehörden-Sprecher Stefan Nowicki nicht äußert. Und der Freundeskreis-Vorsitzende Harm Reese sagt, es müsse nachgesteuert werden. „Das Konzept in seiner jetzigen Form würde die Qualität gefährden“, findet er. Die Rolle des Kurators müsse exakt definiert werden, „damit klar ist, dass die Politik keinen Einfluss auf die Forschung ausübt“.

Das könnte indirekt auch dadurch passieren, dass der Bezirk die beiden Ausstellungsgeschosse des Bergedorfer Schlosses künftig stärker vermieten will. Dornquast rechnet mit sechsmonatigen Vermietungen. Auf eine genaue Quote will er sich nicht festlegen.

Die Museumsdirektoren wiederum ahnen Übles und sprechen von einem „Veranstaltungsort mit musealer Zusatzfunktion“. „Anerkannte Museen“ würden so „einem provinziellen Denken und einer kurzfristigen Stimmengewinnstrategie“ geopfert.  PETRA SCHELLEN