: Allein in Pristina
ABSCHIEBUNG Emsland hat eine minderjährige Roma in den Kosovo abgeschoben. Deren Eltern werden in Belgien vermutet. Der Flüchtlingsrat Niedersachen spricht von „Unmenschlichkeit“ und „Rechtsbruch“
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) droht ein weiterer Abschiebungsskandal. Der Landkreis Emsland hat am Montag ein 16-jähriges Mädchen in den Kosovo verfrachtet, obwohl Verwandte des Mädchens mitgeteilt hatten, dass die Eltern der Minderjährigen aus dem Kosovo nach Belgien geflohen waren. Kai Weber, Geschäftsführer des niedersächsischen Flüchtlingsrats, nannte das Vorgehen einen Akt „behördlicher Unmenschlichkeit“ und warf dem Landkreis zudem Rechtsbruch vor. Eine sichere Auffangstruktur habe es im Kosovo für Serdana B. nachweislich nicht gegeben.
„Keineswegs rechtswidrig“ gehandelt zu haben, beteuert der Landkreis. Dass sich die Eltern von Serdana B. in Belgien befänden, sei „von einer nicht autorisierten dritten Person“ per Fax mitgeteilt worden, zudem erst eine Stunde vor der Abschiebung. Ein Schreiben mit ähnlichem Inhalt, das bereits im August bei der Behörde eingegangen war, sei wiederum „mehr als anzuzweifeln gewesen“, sagte ein Sprecher des Landkreises. Zumal von den Eltern des Mädchens ein Melderegisterauszug der deutschen Botschaft in Pristina vorgelegen hätte.
Laut Landkreis ist Serdana B. im Kosovo von einem Onkel aufgenommen worden. Der Flüchtlingsrat hat andere Informationen. Das junge Mädchen sei bei fremden Menschen untergekommen, die sie im Abschiebeflieger kennen gelernt habe.
Die Eltern von Serdana B. hatten ihre Tochter im April 2008 nach Deutschland geschickt, wo sie bei Verwandten im Emsland wohnte. Im Kosovo, sagt Weber, sei sie als Roma-Minderheit von sexuellen Übergriffen der Mehrheitsbevölkerung bedroht gewesen. Das Land gilt als Drehscheibe des europäischen Frauenhandels. In den eingespeist zu werden, könne nun doch noch das Los von Serdana B. werden, sagt Kai Weber. Jedenfalls dann, wenn der Forderung des Flüchtlingsrats nicht nachgekommen werde, die da lautet: Serdana B. zurückzuholen. MAP