: Zwei links – und bloß keinen fallen lassen
Hamburgs demokratische Sozialisten benennen sich um in Die Linkspartei.PDS und wählen den parteilosen Professor Norman Paech zum Spitzenkandidaten. Weniger reibungslos verläuft die Kür von WASG-Mitgliedern auf der Wahlliste
Von Sven-Michael Veit
Der Eklat wurde so eben vermieden, die Spaltung noch vor der Vereinigung konnte abgewendet werden. Geradezu mit Engelszungen redeten führende Köpfe der Hamburger PDS ihrer Basis ins Gewissen, die soeben Ursula Caberta von der Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) hatte durchfallen lassen. Es sei „wichtig, die einige Linke zu repräsentieren“, mahnte PDS-Vorstandssprecherin Christiane Schneider ihre Mitglieder auf dem Parteitag am Samstag im Bürgerhaus Wilhelmsburg, und Horst Bethge, das Ur-Gestein der demokratischen Sozialisten in der Hansestadt, beschwor die Erkenntnis, „dass die Zeiten sich nun mal geändert haben“.
Das murrende Parteivolk lenkte nach fast einstündiger Debatte ein, im zweiten Wahlgang wurde die 55-jährige Caberta mit 47 Ja-Stimmen (63,5 Prozent) auf Platz 2 der Landesliste akzeptiert und das Bündnis mit der WASG gerettet. Auf den weiteren Plätzen folgt das PDS-Vorstands-Duo Yavuz Fersoglu (83,3%) und Christiane Schneider (70,8%), dahinter rangiert auf Platz 5 mit Berno Schuckart (64,3%) ein weiteres WASG-Mitglied.
Unumstritten hingegen war der erste Platz: Mit 70 von 74 Stimmen (94,6%) und stehenden Ovationen wurde der parteilose Rechts-Professor Norman Paech zum Spitzenkandidaten der Gruppierung gewählt, die sich zuvor ohne Gegenstimmen in „Die Linkspartei.PDS – Landesverband Hamburg (Die Linke)“ umbenannt hatte. Das war die Voraussetzung, um mit KandidatInnen der WASG auf offener Landesliste als Linksbündnis zur Bundestagswahl antreten zu können.
In zwei Reden hatte der bundesweit renommierte Staats- und Völkerrechtler, der bis vor zwei Jahren an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik lehrte und sich selbst als „politischen Wissenschaftler“ charakterisierte, seine Einschätzungen und Positionen dargelegt, ohne dem Parteivolk nach dem Munde zu reden. Über „sozialistische Projekte“ zu diskutieren, sei zurzeit eine „irreale Phantomdebatte“, stellte Paech klar, zu führen sei aktuell „eine Abwehrschlacht gegen Neoliberalismus und die Logik des Kapitals“. Von der „Verkommenheit der politischen Kultur“ sprach Paech, die sich in Entlassungen und Kürzungen von Löhnen und Sozialleistungen zeige bei gleichzeitiger Anhebung von Krankenkassenbeiträgen und Mehrwertsteuer und sodann in dem „unverschämten Vorwurf“ der Konsumweigerung gipfele.
Für tosenden Applaus von PDSlern wie den zahlreichen „Gästen“ von der WASG reichte das allemal, ebenso seine Ausführungen zur internationalen Politik, die „mein Schwerpunkt“ sein werde im Bundestag. Den „Weg zur Militarisierung deutscher Außenpolitik“ geißelte Paech, der letztlich „in einen neuen Imperialismus“ führe. Und er stellte klar, dass er sich weiterhin überall dort einsetzen werde, „wo die Menschenrechte bedroht“ seien: „in Tibet und der Türkei, in Nordkorea und auf Kuba, in den USA und Deutschland“.
Auch Paech forderte den Parteitag auf, den gemeinsamen Weg weiterzugehen. Die Zusammenführung von WASG und PDS „muss klappen“, mahnte er, „sonst sitzt man mit seinem Mandat im Bundestag im luftleeren Raum“.