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Uwe Rada über das neue Ikea-Studio mitten in PankowReich, aber langweilig

Unter schattigen Bäumen sitzen, einen Bauernsalat vor sich und dazu ein Glas griechischen Wein. So ließ es sich leben im „Olivenbaum“ in der Breiten Straße in Pankow. Gleich hinter dem Biergarten schloss sich der Bleichröderpark an. Mitten im Zentrum von Alt-Pankow hatte sich ein Stück Ausflugslokalgeschichte erhalten, die Pankow, damals vor den Toren Berlins, einst bekannt gemacht hat.

Nun aber wird Pankow nicht nur geografisch, sondern auch kulinarisch genordet. Statt Retsina und Salat zu genießen, können Kundinnen und Kunden von Ikea ab April in einem Planungsstudio ihre neue Küche einrichten. Der Pächter des „Olivenbaums“ wird aus privaten Gründen aufgeben und der schwedische Möbelhersteller neue Wege gehen. „Wir freuen uns darauf, unsere Türen für die Pankower zu öffnen, die Breite Straße mitzugestalten und unseren Kunden mit einem attraktiven, neuen Format zu begegnen“, lässt sich Nele Bzdega, City Center Development Managerin Ikea Deutschland, zitieren.

Dass Ikea Pankow schon lange auf dem Schirm hat, weiß Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin Brandenburg. Steigende Einkommen bei einem Defizit an Einzelhandelsflächen – das weckt Begehrlichkeiten. Statt ins abgefuckte Spandau zu fahren, können die Pankowerinnen und Pankower, deren Einkommen im Mittel fast so hoch ist wie das in Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf, zum Pankower Anger flanieren und sich bei freundlichen Ikea-Beschäftigten erkundigen, ob zur schicken Wohnung in der Florastraße besser der „Landhaustrend“ passt oder der „ausdrucksstarke Minimalismus“. Nur das Weinchen nach der Beratung müssen sie dann woanders genießen, denn Pankow entwickelt sich mehr und mehr zu kulinarischen Wüste.

Aber vielleicht ist der Boombezirk damit nur Trendsetter. Warum noch ausgehen, wenn es in den eigenen vier Wänden, in der neuen Ikea-Küche oder auf der Dachterrasse doch am schönsten ist? Und findet man nicht gerade jetzt, in Zeiten des ansteckenden Panikvirus, den heimischen ­Quarantänestyle ganz kuschelig? Hamster­kit(t)chen statt Bauernsalat?

Fragt sich, was als Nächstes kommt? Ein Autohaus ins Café Nord? Damit man schnell fliehen kann aus diesem Reich-aber-langweilig-Berlin?

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