: „Ich dachte, alle Witze wären erzählt“
KNORKATOR Seit ihrem Comeback 2010 sind Knorkator größer als zuvor. Am Samstag spielen die Berliner in der Zitadelle Spandau. Songschreiber Alf Ator über die evolutionäre Nische, die seine Band besetzt hält
ALF ATOR
VON THOMAS WINKLER
Man kann viel über Knorkator sagen. Auch viel Böses. Dass ihre Musik arg brachial ist. Dass sie einen fäkalreichen Humor pflegen. Dass es für manche ein Freudentag war, als sie 2008 ihren Abschied verkündeten. Eins aber muss man der Berliner Band um Keyboarder und Songschreiber Alf Ator, der auch als Maler und Schriftsteller reüssierte, lassen: Sie waren einzigartig. So einzigartig, dass sie seit ihrem Comeback 2010 größer sind als zuvor. Mittlerweile so groß, dass man ihnen sogar zutraut, als Headliner am 25. August die Zitadelle Spandau zu füllen.
taz: Herr Ator, auf der Zitadelle treten Sie an als „Knorkator & Freundinnen“. Was erwartet uns da?
Alf Ator: Sonst treten bei so einem Festival mehrere Bands auf. Wir haben den ganzen Abend angeboten bekommen, also dachten wir uns: Wir lockern den auf mit Gästen. Und warum nicht nur mit Frauen? Das hat viele Vorteile: Sie verschönern das Bühnenbild mehr als Männer und die Zusammenarbeit gestaltet sich fluffiger.
Ach ja?
Musik ist immer noch eine Männerdomäne. Da ist es gut, Frauen dabeizuhaben.
Knorkator waren immer ein reiner Männerverein.
Da würden Frauen, wenn sie nicht unangenehme Männereigenschaften übernehmen würden, leicht zugrunde gehen. So eine Tour im Nightliner-Bus mit zehn Männern, die schnarchen, furzen und sich versaute Witze erzählen, das möchte man keiner Frau zumuten. Großes Kompliment an unsere Managerin, die das immer mitmacht.
Als Sie die Band 2008 aufgelöst haben, hieß es, Sie wollten nach Thailand auswandern.
Das war auch nicht gelogen. Ich war tatsächlich in Thailand. Allerdings nur zwei Wochen.
Bis zum Comeback hat es trotzdem zwei Jahre gedauert.
Na, mir musste ja auch erst mal wieder etwas einfallen. Ich dachte ja, alle Witze wären erzählt. Aber irgendwann war wohl genug Zeit vergangen, da haben wir gesagt: Wir können eigentlich auch weitermachen. Und seitdem läuft es besser als je zuvor – nicht zu glauben.
Warum haben sich Knorkator überhaupt aufgelöst?
Uns erschien das damals bis 2008 nie so, als wären wir eine viehische Kultband gewesen, die ganze Biografien beeinflusst. Wir haben stattdessen das Management tausendmal gewechselt und es mit immer neuen Plattenfirmen versucht, aber es hat nie so richtig geklappt. Wir sind über die Dörfer gemuggt, aber am Ende stellenweise nur mit einem Appel und einem Ei wieder nach Hause gekommen. Mir schien irgendwann auch alles gesagt. Und als der Sänger meinte: Ich kann nicht mehr, da kam mir das ganz recht. Aber schon bei der Abschiedstour merkten wir, welches Publikumspotenzial da die ganze Zeit geschlummert hatte.
Mal ganz ehrlich: Hat die Welt Knorkator so dringend gebraucht oder brauchten Knorkator das Geld?
Es beruhte ein bisschen auf Gegenseitigkeit. Wir haben schon gemerkt, als wir allein unterwegs waren, dass das lange nicht so erfolgreich war. Was die Welt angeht: Nur ein sehr kleiner Teil der Welt braucht uns, der aber braucht uns sehr dringend.
Knorkator sind nicht die erste Band, die nach einem Comeback noch größer wird, die Ärzte haben es vorgemacht. Wie ist das zu erklären?
Eine allgemeine Erklärung habe ich auch nicht. Wir waren ja auch sehr speziell: Wir können so gut wie in jedem Rahmen stattfinden, gehören aber nirgendwo richtig hin. Wir konnten sowohl beim Metal-Festival in Wacken als auch beim Grand Prix auftreten, aber überall waren wir die Exoten, die zur Auflockerung des Programms beitrugen. Wir waren immer auf uns allein gestellt, und wir wussten nicht, dass ganze Schulklassen für die Abschlussfeier Lieder von uns einstudiert hatten. Und die haben durch die Auflösung anscheinend erst gemerkt, dass wir ihnen gefehlt haben.
Sind Knorkator so einzigartig, dass niemand anderes den Job übernehmen konnte?
Darüber zu philosophieren wäre vermessen. Aber für mich ist es natürlich so: Ich würde diese Musik nicht machen, wenn es jemand anderen gäbe, der das tut.
Was ist es denn genau, was Knorkator tun?
Normalerweise ist es so, dass lustige Texte auch unweigerlich lustige Musik nach sich ziehen. Wir waren musikalisch immer sehr theatralisch, düster und erhaben, aber wollten das in den Texten vollkommen brechen. Uns macht es großen Spaß, dem Publikum keine Chance zu geben, sich zu lange in einem einzigen Gefühl einzurichten. Die kalten Duschen müssen immer von links und rechts kommen. Diese spezielle Kombination wird von niemandem sonst angeboten. Deshalb freuen wir uns, diese evolutionäre Nische besetzt zu haben – und zwar für immer.
■ Samstag, 25. August , 18 Uhr, Zitadelle Spandau