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Archiv-Artikel

Das droht Berlusconi

PROZESSE Worum geht es bei den Prozessen gegen Berlusconi, die nun wieder aufgerollt werden? Und wie wahrscheinlich ist es, dass er verurteilt wird?

ROM taz | Keine Immunität mehr – für Silvio Berlusconi bedeutet es, dass er sich in gleich zwei Prozessen wieder auf der Anklagebank findet. Und ein dritter zeichnet sich bereits ab.

Prozess 1: Der „Fall Mills“. Berlusconi hatte es nach seiner Wiederwahl im Jahr 2008 mit dem Immunitätsgesetz so eilig, weil einer der Prozesse gegen ihn schon beinahe abgeschlossen war. Mit ihm zusammen war der britische Rechtsanwalt David Mills angeklagt. Der Vorwurf: In den Jahren 1996/97 soll Berlusconi dem für ihn tätigen Anwalt 600.000 Dollar Schweigegeld gegeben haben, damit dieser nicht vor der Justiz über Berlusconis Imperium von Off-Shore-Schwarzfirmen aussagt. Im Februar 2009 verurteilte ein Mailänder Gericht Mills in erster Instanz zu viereinhalb Jahren Haft. Für Berlusconi sieht es also bei der Wiederaufnahme des Prozesses nicht gut aus. Dennoch muss er sich nicht wirklich Sorgen machen. Mit dem jetzt von den Verfassungsrichtern gekippten Immunitätsgesetz hat er nämlich eines erreicht: Das Verfahren gegen ihn muss vor einer neuen Kammer neu aufgerollt werden. Doch die ihm vorgeworfene Straftat wird in spätestens zwei Jahren verjährt sein. Bis dahin ist mit einem letztinstanzlichen Urteil nicht zu rechnen.

Prozess II: Die US-Filmrechte. Weitergehen wird auch der Prozess um Tricksereien beim Ankauf von US-Filmrechten durch Berlusconis TV-Gesellschaft Mediaset. Berlusconi steht zusammen mit sieben anderen Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in Mailand vor Gericht, weil Mediaset in den Jahren bis 2003 Filmrechte zu überhöhten Preisen erworben haben soll, um so mehrere hundert Millionen Euro ins Ausland zu schaffen und auf Schwarzgeldkonten zu deponieren. Doch auch in diesem Verfahren muss Berlusconi eine letztinstanzliche Verurteilung kaum fürchten. Die verhandelten Taten verjähren im Jahr 2012. Da der Regierungschef dank seiner Amtspflichten wenig Zeit für Prozesstermine findet und da er über eine erfahrene Verteidigercrew verfügt, wird sich der Prozess schon in der ersten Instanz über Jahre hinziehen.

Prozess III: Film-Scheingeschäfte. Schließlich droht die Erhebung einer Anklage in einem dritten Verfahren, in dem es um die gleichen Scheingeschäfte beim Filmhandel geht, diesmal in den Jahren nach 2003. Doch womöglich erledigt sich auch dieser Prozess. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil jedenfalls kündigte Berlusconi schon an, er werde jetzt „die Justiz reformieren“. Es lässt sich leicht ausdenken, in welche Richtung die Reform gehen wird. MICHAEL BRAUN