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Archiv-Artikel

Generalverdacht unbegründet

URTEIL Das Bezirksamt-Mitte verweigert dem „Hansa-Treff“ am Hansaplatz zu Unrecht den Sommergarten. Das entschied das Verwaltungsgericht

„Das Bezirk will den Treff unbedingt weghaben, weil er nicht ins Bild passt“

AXEL MAX, RECHTSANWALT

Gerichtliche Klatsche für das Bezirksamt-Mitte: Die Verweigerung einer Genehmigung für Außengastronomie vor der Gaststätte „Hansa-Treff“ am Hansaplatz ist rechtswidrig. Das hat nun das Verwaltungsgericht entschieden. Damit geht ein mehr als eineinhalbjähriger Streit wohl aber noch nicht zu Ende.

Im Juni vorigen Jahres hatte das Bezirksamt einen Antrag der Betreiberin des Hansa-Treffs, Liliana Iasar, für eine Sommerterrasse abgelehnt, obwohl Außengastronomie auf dem gentrifizierten Platz in St. Georg erwünscht ist. „Es gibt keinen Anspruch auf eine Erlaubnis, öffentliche Wege für den Ausschank zu nutzen“, sagte damals Bezirksamtssprecher Lars Schmidt-von Koss. Obwohl das zuständige Kommissariat „keine Bedenken“ gegen Außenbewirtung hatte, begründete das Bezirksamt die Ablehnung mit Anwohner-Beschwerden: Es würden Milieu-bekannte Personen das Lokal frequentieren, hieß es.

Später stellte sich heraus, dass Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) Mails an Amtsmitarbeiter geschrieben hatte, in denen er aufforderte, polizeiliche Erkenntnisse gegen das Lokal zu sammeln und Beschwerden von Anwohnern zu organisieren, da auch Transsexuelle die Kneipe besuchen würden. Heute ist Schreiber nach seinem Rücktritt als Bezirksamtschef als Prokurist einer Immobilienfirma am Hansaplatz tätig.

Kneipen-Betreiberin Iasar zog vors Verwaltungsgericht. Bei der Güteverhandlung im Juni sah das Gericht die Anwendung des Hamburgischen Wegegesetzes für „rechtlich bedenklich“ an. Beide Parteien einigten sich darauf, dass der Bezirk baldmöglichst die Sommerterrasse genehmigt. „Der Bezirk hat einen Rückzieher gemacht und ist vom Vergleich zurückgetreten“, sagt Iasars Anwalt Axel Max.

Und nun kam vom Gericht die Standpauke. Das Verbot der Außengastronomie sei rechtswidrig, urteilte die Richterin. Der Bezirk habe seine „Ermessensentscheidung nicht fehlerfrei ausgeübt.“ Die anonymisierte Anzeige, auf die sich der Bezirk stützt, erscheine „subjektiv eingefärbt“, wenn das Lokal als „Tuntentreff“ bezeichnet werde, die Besucher als „aggressiv und kriminell“ unter einen „Generalverdacht“ gestellt werden, so dass die Anzeige ein „unzulässiges Abwägungskriterium“ sei, so das Gericht. „Ich gehe davon aus, dass der Bezirk in die Beschwerde geht“, sagt Anwalt Max. „Die wollen den Hansa-Treff weghaben, weil er nicht in das chice neue Bild passt.“ Eine Stellungnahme des Bezirks war am Dienstag nicht zu bekommen.   KAI VON APPEN