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Archiv-Artikel

Mein Elch heißt Angela

Niedersachsens Ministerpräsident Wulff attackiert den Bayern Stoiber offen. Das zeugt von neuem Selbstbewusstsein der CDU im Norden, zeigt aber auch das Ende der Geschlossenheit in der Union

von Kai Schöneberg

Einen richtigen „Mini-Stoiber“ hatte einst der damalige Ministepräsident Gerhard Schröder den Rechtsanwalt aus Osnabrück genannt, als der noch nicht mal in die Milchbubi-Liga aufgestiegen war. Heute, über zehn Jahre später, wäre Umfrage-König Christian Wulff, 46, wohl derjenige, der Schröder direkt in die Wüste schicken könnte – ohne das böse Gemunkel von der großen Koalition. Dagegen steht jedoch Angela Merkel – und jetzt auch noch Ede Stoiber, 63, dessen Attacken auf „frustierte“ Wähler im Osten das „Fischbrötchen“ (CSU-Spott) Wulff als kommunikativen Super-GAU ansieht. Zu Stoibers neuer Ankündigung, sich per TV-Streitgespräch mit Oskar Lafontaine zu duellieren, will sich die Staatskanzlei gar nicht erst äußern. Die Union hatte in den vergangenen Wochen genug friendly fire zu verkraften.

Doch das Gerangel zwischen Nord und Süd, dem Streber und dem verbrauchten Grantler, ist nur Teil einer langen Abfolge von Hakeleien, die sich die Landes-Granden seit Jahren liefern. Der Unterschied zu früher: Die Zeit, als Stoiber einer der wenigen Ministerpräsidenten einer ansonsten siechen Union war, ist lange vorbei. Stoiber hat die Kanzlerkarte vor drei Jahren verspielt, Wulff, inzwischen die klare Nummer 2 der CDU, wartet noch auf seine Chance.

Die Zeit, als die Partei aufraunte, als Stoiber den damaligen niedersächsischen Oppositionsführer Wulff rügte, weil der in der Spendenaffäre 1999 als einer der ersten den Abgang Kohls und die Wahl Merkels zur Parteichefin verlangte, ist passé. Die Zeit, als sich Wulff auf „wunderbare Weihnachten“ freute, weil der Machtkampf in der Union endlich beendet sei, aber auch. Stattdessen rüpelte der niedersächsische Ministerpräsident im vergangenen Jahr im Spiegel über den freudlosen Tattergreis Stoiber, der Cent und Prozent nicht auseinander halten kann. In dessen Wohnung stehe sogar in jedem Zimmer ein Fernseher, damit der Wolfratshausener ständig über die Ereignisse in der Welt informiert ist.

Neues Machtbewußtsein zeigte der Niedersachse Wulff auch am vergangenen Mittwoch beim Strategie-Treff der Union in Berlin, als er den Bayern offen attackierte. Der Niedersachse, der selbst seine Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) per Mediengetöse in Merkels Kabinett schickte, mäkelte an Stoiber rum. Dessen Vorschlag, Fraktionsvize Schäuble im Kompetenzteam aufzustellen, berühre „das Heiligste, was der Kanzlerkandidatin zusteht“, nämlich die Personalpolitik. Stoibers Weigerung, seine eigenen Pläne bezüglich eines Wechsels nach Berlin zu äußern, schade der Kandidatin weiter, so der CDU-Bundesvize. Als Wulff von der CSU dieselbe Loyalität forderte, „wie sie Angela Merkel 2002 dir gegenüber gezeigt hat“, wechselte der verdatterte Stoiber vor lauter Wut vom „Du“ ins „Sie“.

Noch schlimmer: Wulff bestätigte den internen Krach am Sonntagabend vor Millionenpublikum in einer Talkshow auf Sat 1. Und setzte sogar noch die Sottise vom Edmund, dem Elch obendrauf. Das Kinderbuch hatte Wulff dem Bayern einst bei einem Besuch in der niedersächsischen Landesvertretung geschenkt. Inhalt: Die schöne Geschichte vom überagilen Edmund, der die Elche ständig mit seinen neuen Ideen nervt. Immerhin habe Elch Edmund zwar mit seinen Warnschildern die „Elchsterblichkeit in Finnland halbiert“, erzählte Wulff. Aber: „Mein Elch heißt Angela.“