Linke probt den Bürgerhaushalt

FINANZPOLITIK Die Linke befragt die Öffentlichkeit, um Änderungsvorschläge für den Haushalt 2010 zu generieren. Sie fordert Gegenwehr gegen Sparvorgaben und fürchtet den Zwang zu schwarz-gelber Politik

Die fünf öffentlichen Hearings finden in Raum 416 der Bürgerschaft, Gebäude Börsenhof A, statt.

■ Arbeit und Frauen: 21. 10., 11 Uhr

■ Kultur und Sport: 21. 10, 15 Uhr

■ Wissenschaft und Bildung: 22. 10., 11 Uhr

■ Soziales, Migration, Kinder und Jugend: 22. 10., 15 Uhr

■ Ergebnisspräsentation: 12. 11. ab 17 Uhr

Mit öffentlichen Anhörungen zum Haushalt 2010 hat die Linksfraktion am Dienstag begonnen. „Wir hoffen auf konkrete Anregungen, wo Kürzungen zu verhindern, wo Ausgaben zu fordern“, sagte Haushalts-Experte Klaus-Rainer Rupp.

Derzeit erarbeiten die Fraktionen Änderungsvorschläge zum Haushaltsentwurf des rot-grünen Senats. Während die Anderen weitgehend intern beraten, setzt die Linke auf Bürgerbeteiligung. Ein „hartes Stück Brot“, so Rupp, sei dabei zu vermitteln: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gibt vor, dass Bremen ab 2020 ohne Neuverschuldung auskommt. Nur wenn die mittelfristige Finanzplanung dies realistisch erscheinen lässt, bekommt Bremen eine Zinshilfe von 300 Millionen Euro. Für 2010 allerdings rechnet der Senat noch mit fast einer Milliarde Euro Schulden. „Das ist eine erpresserische Situation: Kürzen oder keine Beihilfen“, sagte Rupp, „Armutsbekämpfung ist damit unmöglich“.

Das zeigte Wirkung: „Demoralisierend“ sei die Finanzlage, war gleich im ersten Wortbeitrag zu hören. „Warum sind wir überhaupt hier?“ „Ohne öffentliche Gegenwehr geht es nicht“, entgegnete Rupp. „Wir brauchen Details, um Forderungen stellen zu können.“ Dafür nehme man auch weitere Schulden in Kauf, fügte Fraktions-Chef Peter Erlanson hinzu. „Wenn es darum geht, soziale Schäden zu beheben, ist das auch eine Aufgabe des Staates.“ Der Weg zur Schuldenbremse sei ein „Zwang zu schwarz-gelber Politik“, so Rupp.

Belegt sieht er dies durch die jüngsten Vorschläge für einen Bremer Sparkurs, die der CDU-Landesvorsitzende Thomas Röwekamp am Montag in der Handelskammer gemacht hatte. „Brutalst mögliches Sparen“ hatte er gefordert. Das hieße konkret: Die Zusammenlegung der Theater Bremen und Bremerhaven, Einsparungen im öffentlichen Dienst oder der Verkauf der Bremer Gewoba-Anteile. Privatisierung, Sozial- und Stellenabbau, kommentierte Rupp den Röwekamp-Vorstoß, programmierten soziale Armut. „Und dafür zahlen am Ende alle.“

Auch bei SPD und Grünen stoßen Röwekamps Ideen auf wenig Gegenliebe. Gepaart mit den von Schwarz-Gelb geplanten Steuersenkungen werde „Bremen gegen die Wand fahren, die Haushalte werden ausbluten“, teilte Uta Kummer (SPD) mit. Indes wollen die Grünen die Vorschläge „auf ihre Substanz abklopfen“, so ihr finanzpolitischer Sprecher, Hermann Kuhn. Allerdings: „Darunter sind echte Ladenhüter.“ Dass der Verkauf der Gewoba-Anteile sich nicht rechne, sei bereits mehrfach belegt worden. Röwekamp solle lieber den „schwarz-gelben Steuergeschenken“ entgegentreten. Denn die, so Kuhn, „gefährden die Schuldenbremse“.

Solch konkrete Forderungen brachte das erste Haushalts-Hearing der Linken nicht. Im Plenum saßen nur 10 Personen. 2008 waren aus den Anhörungen 42 Anträge für den aktuellen Haushalt hervorgegangen. „Die wurden zwar abgelehnt“, sagte Rupp, „haben aber im Nachhinein politische Wirkung gezeigt“. AG