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Archiv-Artikel

Nitzsche erfreut NPD

Wahlkampfmotto „Arbeit, Familie, Vaterland“ des CDU-Bundestagsabgeordneten kommt rechtsaußen gut an

DRESDEN taz ■ Das Wahlkampfmotto „Arbeit, Familie, Vaterland“ des sächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche stößt auf Beifall bei der NPD. Die CDU kopiere zum wiederholten Male Aussagen der NPD – und nun sogar das Motto ihres letzten Parteitages 2004 in Leinefelde, freute sich deren sächsischer Landtagsfraktionsvorsitzender Holger Apfel.

„Ist Henry Nitzsche ein Bewunderer von Marschall Pétain?“, fragt die NPD. Denn „Travail, Famille, Patrie“ war auch das Motto des französischen Vichy-Regimes von 1940 bis 1944, das mit den Nazis kollaborierte.

Mittlerweile führt Nitzsche auf seiner Internetseite Schützenhilfe von Sachsens Ex-Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf an: Der hat in einem Interview gesagt, man müsse sich nicht über Generationen hinweg den Missbrauch des Begriffes „Vaterland“ durch die Nazis vorhalten lassen. An Nitzsches Motto sei nichts Schlechtes.

Ähnlich äußerte sich auch der Amtsinhaber Georg Milbradt. Er versuchte, den Blick nach links auf Oskar Lafontaines „Kampfbegriffe“ wie „Fremdarbeiter“ zu lenken. Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer hatte jegliche Kritik bereits als „billigen Wahlpopulismus“ zurückgewiesen.

Unverständnis hat jedoch bereits der sächsische Koalitionspartner geäußert. SPD-Landeschef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk wies auf den Widerspruch in der Union hin, einerseits Rechtsextremismus bekämpfen zu wollen, andererseits NPD-Parolen gutzuheißen. Die sächsischen Jusos forderten den Ausschluss Nitzsches aus der CDU-Bundestagsfraktion. Die grüne Landesvorstandssprecherin Eva Jähnigen sprach von einer „Grauzone zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus“.

Doch die Kritik beschränkt sich nicht auf Sachsen. Paul Spiegel, Präsident des Zentralrates der Juden, forderte Nitzsche auf, seine umstrittene Wahlkampfparole zu ändern. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) verurteilte Nitzsches „Anbiederung an Sprache und Argumente der Neonazis“ und verlangte von CDU-Chefin Angela Merkel, „diesem Treiben sofort Einhalt zu gebieten“.

Nitzsche selbst hat gegenüber verschiedenen Medien einmal bestätigt und einmal dementiert, dass er den historischen Hintergrund seines Wahlkampfmottos kannte. Von dessen Verwendung auf dem NPD-Parteitag will er jedenfalls nichts gewusst haben. Sein früherer CDU-Fraktionskollege im Sächsischen Landtag und Ex-Innenminister Heinz Eggert unterstellte ihm deshalb „keine unehrenhaften Gründe“. Er riet aber zum Verzicht auf das Motto. MICHAEL BARTSCH