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Archiv-Artikel

OLGA trifft „Projekt alternde Renate“

Kongress zu modernen Wohnformen im Alter. Im Trend liegen selbstbestimmte Wohngruppen statt Pflegeheimen

BERLIN taz ■ „Die interessierten Männer haben oft selbstbestimmtes mit betreutem Wohnen verwechselt“, frotzelt Anne Görtz. Daher wohnen bei OLGA derzeit nur Frauen. Aber grundsätzlich ist auch das andere Geschlecht willkommen. Denn OLGA ist keineswegs die frustrierte Hausfrau, die ihrem Gatten hinterherräumt und das Essen auf den Tisch stellt. „OLGA – Oldies leben gemeinsam aktiv“ ist eines der Vorzeigeprojekte, die auf dem Kongress des Bundesfamilienministeriums „Wohnen der Zukunft – modernes Leben im Alter“ vorgestellt wurden.

Zusammen mit zehn Frauen zwischen 58 und 76 Jahren lebt Anne Görtz in Nürnberg in dem selbst geplanten Wohnprojekt. Mit Unterstützung der Wohnungsbaugesellschaft suchten sie ein Haus und bauten es barrierefrei um. Ziel der Initiative ist es, dass die Bewohnerinnen auch im Alter selbst verwaltet leben können. Im Mittelpunkt steht dabei die gegenseitige Hilfe. „Wir haben Pflegekurse besucht, sodass wir kranke Bewohner so weit wie möglich unterstützen können“, berichtet Görtz.

„Wir dürfen Ältere nicht ins Grüne abschieben und an die Stadtränder verbannen. Denn alte Menschen brauchen mehr Ansprechpartner als nur den Fernseher“, forderte Senioren-Ministerin Renate Schmidt (SPD). Die aktive Teilhabe am kulturellen und politischen Leben bedeute ein großes Stück Lebensqualität. Als ihr erster Mann starb, war Schmidt 41 Jahre alt. „Damals habe ich mir schon Gedanken über das ‚Projekt alternde Renate‘ gemacht“, berichtet sie. Ein Leben alleine habe sie sich nicht vorstellen können.

Damit ist Schmidt kein Einzelfall. Im Jahr 2050 werden voraussichtlich 37 Prozent der Bevölkerung in Deutschland über 60 Jahre alt sein. Allein leben wollen die wenigsten von ihnen. Angesichts der demografischen Entwicklung ist es also an der Zeit, neue Wohnformen jenseits der Pflegeheime zu fördern.

Hoch im Kurs stehen momentan Wohngruppen, in denen die Älteren ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen können, ohne jedoch auf qualifizierte Pflege verzichten zu müssen. Doch die hin und wieder als Rentner-WGs belächelten Gemeinschaften sind momentan noch Randerscheinungen. „Rund 93 Prozent der Älteren leben zurzeit in ‚normalen‘ Wohnungen“, erklärt Manfred Neuhöfer vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Eine große Schwierigkeit für die Wohngruppen stellt momentan das Heimgesetz dar. Es enthält verschiedene Klauseln, die in Heimen durchaus sinnvoll sind, für Wohngemeinschaften aber eine unnötige Belastung darstellen. „In einer Wohngruppe muss zum Beispiel nicht ständig das Gesundheitsamt kommen, um den Kühlschrank zu kontrollieren“, erklärte Schmidt. Im Juli hat sie dem Kabinett daher Eckpunkte vorgelegt, um das Heimgesetz zu entbürokratisieren. Umgesetzt würde diese Reform allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode. Schmidt rief außerdem die Wohnungswirtschaft auf, mehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen, der auch für Ältere geeignet sei. SARAH MERSCH