: Hüpfburg für die Großmarkthalle
MUSEUMSPOLITIK Dirk Luckow, Direktor der Hamburger Deichtorhallen, geht auch mal an die Grenze des Populismus. Weil das Haus keine eigene Sammlung hat, muss er eine Menge Geld einspielen
„Dieses Haus leistet sich den Luxus, einfach nur da zu sein.“ Was wie ein Kompliment klingt, umreißt de facto ein gravierendes Problem: die Tatsache nämlich, dass die nördliche der beiden Hamburger Deichtorhallen – 4.000 Quadratmeter groß – ohne eigene Sammlung dasteht. Für jede einzelne Ausstellung müssen die Werke daher kostspielig zusammengeliehen werden. Dieses Problem ist recht selten – und besonders pikant in Verbindung mit dem traditionell schmalen Etat der Deichtorhallen, der schon manchen potenziellen Direktor verschreckte.
Der seit Anfang Oktober amtierende, für die Nord- und die Südhalle – das „Haus der Photographie“ – zuständige Intendant Dirk Luckow, der bis dato der Kieler Kunsthalle vorstand, hofft auf die baldige Einverleibung der renommierten Sammlung des Hamburgers Harald Falckenberg. Die allerdings müsste von der Stadt Hamburg für 30 Millionen Euro angekauft werden – kein kleiner Schritt in klammen Zeiten. Sammler und Stadt pokern seit geraumer Zeit. Allein die Angst vor Abwanderung und Imageverlust hält die Kultursenatorin am Verhandlungstisch.
Luckow ficht das nicht an. Er ist für unkonventionelle, am Rand des Populismus balancierende Ausstellungen bekannt – etwa „Ballermann“ in Kiel, eine Konfrontation der Sammlung Jürgen Drews‘ mit „hochwertiger“ Kunst. Gemeinsam kuratieren könne man ja schon jetzt, findet er. Im übrigen gehörten die Finanzprobleme offensiv angegangen: durch eine zwei- bis dreijährige Kooperation mit Stiftungen der Industrie etwa. „Art & Industry“ könne man das labeln und peppige, preisgünstige Themenausstellungen daraus machen. „Wunder, Zufälle und andere Ereignisse“ soll die erste heißen. Sie ist für 2011 geplant.
Weitere Geldquelle könne ein noch zu gründender Freundeskreis sein sowie ein Kombi-Ticket der Deichtorhallen und des HSV. Das erinnert zwar verdächtig an die Pläne von Hamburgs Ex-Kultursenatorin Dana Horáková, die Fußballer ins Theater lotsen wollte – aber vielleicht schafft Luckow sie ja, die wundersame Bildungsoffensive. Er hält solche Projekte jedenfalls für angemessener als die bislang üblichen viermonatigen Schließungsphasen und die rege Vermietung, die die Deichtorhallen derzeit erleiden. „Es kann nicht sein, dass hier alles bis zur Weinmesse stattfindet, dass sich hier quasi jeder einmieten kann“, findet Luckow. Mittelfristig schade solche Beliebigkeit der Institution ganz erheblich.
Auch bei der Bespielung des breiten, stets zugigen Platzes zwischen den Nord- und Südhalle müsse man ein „Gespür für die Bedeutung des Ortes“ an den Tag legen, am liebsten mit Hilfe eines öffentlichen Kunstwerks. Das werde er auch dem noch einzustellenden Event-Manager sagen.
In die Halle sollen die Leute dann mit „Lebensfülle“ gelockt werden. Durch die riesige weiße Hüpfburg eines William Forsythe-Projekts oder durch eine neue Serie des kitschig-provokanten britischen Künstlerpaars Gilbert & George. Luckow spricht viel vom Klima. Er will die Deichtorhallen aus ihrem Dornröschenschlaf wecken, der teils ihrer Lage am „dead end“ der Kunstmeile geschuldet ist. Da ist es konsequent, dass er das mit dem Klima wörtlich nimmt: „Ich könnte mir vorstellen, die klimatische Situation der nördlichen Deichtorhalle dauerhaft zu verbessern“, sagt er. Mit Hilfe eines Erdlochs à la Walter de Maria oder mit Ernsthaft-Effektiverem: „Es wäre doch schön, an einem spektakulären Ort wie diesem eine alternative Klimatisierung hinzubekommen Ps