Gebären statt entbinden

JUBILÄUM Das Geburtshaus Charlottenburg feiert 25. Geburtstag. Bis heute steht hier eine ganzheitliche Betreuung in der Schwangerschaft, während der Geburt und im Wochenbett im Mittelpunkt

Als das Geburtshaus Charlottenburg 1987 am Klausenerplatz gegründet wurde, war es die erste Einrichtung seiner Art nicht nur in Berlin, sondern in ganz Europa. Dieses Jahr feiert es nun bereits 25-jähriges Jubiläum: Im Rahmen der ganzheitlichen Betreuung in der Schwangerschaft, während der Geburt und im Wochenbett fanden hier mehr als 5.700 Kinder einen geborgenen Start ins Leben.

Aufgrund steigender Nachfrage zog das Geburtshaus Charlottenburg vor fünf Jahren schließlich in ein größeres Haus direkt auf das Gelände der DRK-Kliniken Berlin-Westend um, wo sich seither ein Team von 14 Hebammen rund um die Uhr um selbstbestimmte Geburten kümmert.

Anlass für die Gründung war einst, „die Technisierung und den Trend zu immer mehr Medizin aufzuhalten und Schwangerschaft und Geburt wieder als einen natürlichen Vorgang zu begreifen“, sagt Elvira Schüßler, eine der vier Gesellschafterinnen des Geburtshauses Charlottenburg. Ein Viertel Jahrhundert später zeigt sich aber, dass trotz aller positiver Veränderungen in der klinischen Geburtshilfe die Entwicklung vom „gebären“ hin zum „entbinden“, vom natürlichen Prozess hin zum klinischen Geschehen voranschreitet – so hat sich die Kaiserschnittrate in den letzten 20 Jahren verdoppelt, und zurzeit kommt fast schon ein Drittel der Neugeborenen per Kaiserschnitt zur Welt.

Im Geburtshaus Charlottenburg liegt die Rate laut Schüßler dagegen bei maximal sieben Prozent – allerdings werden auch nur Schwangere angenommen, die ohne größeres Risiko in die Geburt gehen. Eine Kaiserschnittrate von mehr als 15 Prozent sehen viele Experten als bedenklich an. „Geburt ist ein einzigartiger natürlicher Vorgang und hoch bedeutsam für alle Beteiligten“, sagt Elvira Schüßler. Gerade auch vom Verlauf der Geburt hänge es ab, ob ein erster Beziehungsaufbau mit dem Baby gut gelingt. Deshalb sollte ein Geburt so „behutsam, beschützt, respektvoll und würdevoll“ wie möglich von statten gehen, wofür eine Eins-zu-eins-Betreuung durch eine vertraute Hebamme notwendig sei. Die außerklinische Geburtshilfe arbeite so, während dies in den Krankenhäusern aufgrund des Pflegeschlüssels in der Regel nicht möglich sei und in Klinik-Kreißsälen eine Hebamme meist mehrere Frauen gleichzeitig begleite. Aber auch Schüßler hält Klinik-Kreißsäle für unabdingbar, um Risikogeburten zu betreuen. Was nun noch fehle sei eine insgesamt bessere Entlohnung der Hebammen. OS

■ Am 17. Oktober findet im Geburtshaus eine Fachtagung zur Hebammengeburtshilfe statt. Ort: Geburtshaus Charlottenburg, Spandauer Damm 130, 14050 Berlin, Tel. (0 30) 3 25 68 09. Mehr Infos unter www.geburtshausberlin.de