Tim Caspar Boehme hört auf den Sound der Stadt:
Man könnte jetzt sehr viel über ältere Männer schreiben, die für viele jüngere Menschen eine wichtige Rolle in ihrem Leben gespielt haben: Post-Punker von Gang of Four über die NDW-Helden Fehlfarben bis hin zu Echo & The Bunnymen. Die spielen alle diese Woche in Berlin. Doch davon soll nicht die Rede sein. Dafür von jüngeren Leuten, die insgesamt vielleicht weniger Menschen etwas bedeuten mögen, die aber trotzdem tolle Musik machen. Die Meridian Brothers etwa, das Projekt des Kolumbianers Eblis Álvarez, der Cumbia mit Funk, Post-Punk und allerlei klangtechnischen Verfremdungen bearbeitet, was psychedelisch oder auch hysterisch und sehr oft sehr hinreißend klingt. Am Donnerstag spielt die Live-Band um Álvarez im Gretchen auf (Obentrautstr. 19–21, 21 Uhr, VVK 20/AK 25 €).
Zu neuen Begegnungen der besonderen Art kommt es am Sonntag im Radialsystem, wo das erste gemeinsame Konzert des Splitter Orchesters und des ensemble mosaik unter Leitung des Dirigenten Ilan Volkov begangen wird. Zwar haben beide Ensembles ausdrücklich mit „neuer“ Musik zu tun, bringen diese jedoch in der Regel recht unterschiedlich hervor. Das ensemble mosaik spielt vor allem Werke heutiger Komponisten, während das Splitter Orchester als Zusammenschluss von Musikern der Berliner Echtzeitmusik mehr oder minder frei improvisiert – was nicht heißt, dass man vor den Konzerten keine Absprachen träfe. Für das Programm „Public People“ haben sich die Komponistin Alwynne Pritchard und die drei Mitspieler des Splitter Orchesters Julia Reidy, Chris Heenan und Simon James Phillips zusammengetan, um den Abend zu gestalten. Die Zutaten stimmen allemal (Holzmarktstr. 33, 20 Uhr, 18/14 €).
Die jüngsten Entwicklungen im instrumentalen HipHop kann man sich am Dienstag in der Kantine am Berghain demonstrieren lassen. Die Schotten haben es auf diesem Gebiet in der jüngeren Vergangenheit zu einigem Ruhm gebracht, jetzt schickt sich aus ihren Reihen der Produzent Sam Gellaitry an, in der Disziplin des Abgehackte-Beats-mit-artifiziellem-Klangwerk-Verschneidens eine Auszeichnung zu erringen. Die Chancen stehen für ihn gar nicht schlecht, gemessen an seiner kompakten EP „Short Stories“ (Rüdersdorfer Str. 70, 21 Uhr, 17,90 €).
Der Preis für den schönsten Konzerttitel geht diese Woche an den Abend des Vokalensembles Phønix16 im Heimathafen: „Erschrecken kannste morgen!“ ist so entwaffnend, dass man sich den Raumklangwerken von Louis & Bebe Barron, Jonathan Harvey oder Hans Zender fast blind anvertrauen möchte (Karl-Marx-Str. 141, 20 Uhr, 13/10 €).
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