: Zwei alte Bekannte duellieren sich erneut
taz geht wählen – die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Porträt. Wer kämpft um das Mandat? Wer sind die Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Erftkreis I
Erftkreis I?
Der Wahlkreis 92, nord- und südwestlich von Köln gelegen, beherbergt die Orte Bedburg, Bergheim, Elsdorf, Frechen, Hürth, Kerpen und Pulheim. Er vereint, man mag es kaum für möglich halten, die besten und die schlechtesten Autofahrer der Republik: Die Formel-1-Profis Michael und Ralf Schumacher stammen aus Kerpen. Gleichzeitig verunsichern die Autofahrer mit dem BM-Kennzeichen der Kreisstadt Bergheim nicht nur dem Hören-Sagen nach die Straßen.
Wer verteidigt den Wahlkreis?
Obwohl sie den Wahlkreis vom bekannteren SPD-Politiker Klaus Lennartz „erbte“, konnte Gabriele Frechen ihn bei der Wahl 2002 direkt für die SPD gewinnen. Die 48-jährige Steuerberaterin, seit 1982 in der Partei, ist sich ihrer Sache so sicher, dass sie zugunsten von Helga Kühn-Mengel, die in dem für die SPD schwierigeren Nachbar-Wahlkreis Erftkreis II antritt, auf einen sicheren Listenplatz verzichtet hat. Nicht nur in ihrer Arbeit zu Hause, im Hürther Stadtrat, sondern auch in Berlin ist Gabi Frechen die Nähe zu Menschen „als Spiegel unserer Politik und manchmal auch als Korrektiv wichtig“. Deshalb sitzt sie in der Hauptstadt nicht nur im Finanz- und Hauptausschuss, sondern auch im Petitionsausschuss. Sie stimmte für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan und enthielt sich bei der Vertrauensfrage zu Gerhard Schröder – „weil ich klar zu seiner Politik stehe“.
Wer will den Wahlkreis?
Bei der letzten Wahl kam der 30 Jahre für die Caritas tätige Sozialarbeiter Willi Zylajew über die CDU-Landesliste in den Bundestag. Wie Gabi Frechen musste er sich gegenüber einem wesentlich bekannteren Vorgänger behaupten – dem heutigen NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers. Der 55-jährige Zylajew ist der CDU schon lange verbunden. Er trat mit 19 Jahren in die Partei ein, sitzt seit 1975 im Hürther Stadtrat und war Mitte der 90er sieben Jahre lang Landtagsabgeordneter. Als migrationspolitischer Sprecher der CDU betonte er, dass „eine gute Ausbildungsförderung immer Vorrang vor zusätzlicher Einwanderung haben muss“. Der fünffache Vater tritt im Bundestags-Familienausschuss für die finanzielle Besserstellung von Familien ein.
Die großen Außenseiter?
Die FDP, die bei der letzten Wahl ihr Ergebnis im Wahlkreis auf 7,6 Prozent mehr als verdreifachen konnte, glaubt wohl nicht an einen ähnlichen Erfolg: Ihr Kandidat, der Student Lars Oliver Effertz, sitzt nur auf Platz 33 der Landesliste. Auch der Realo Johannes Bortlisz-Dickhoff, seit 1986 Geschäftsführer der Grünen im Rhein-Erft-Kreis, rangiert weiter unten auf Listenplatz 25. Die PDS hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht Hans Decruppe aufgestellt.
Die taz-Prognose:
Die SPD gewinnt. Die CDU bewegte sich bei den vergangenen drei Wahlen in Erftkreis I immer relativ konstant zwischen 37 und 39 Prozent. Die Stimmenverluste der SPD heimste die FDP ein.
ISABEL FANNRICH