: „Wir haben nichts davon“
EFFEKT Nur die Großindustrie profitiert, sagt der Gewerkschafter Triana
■ ist Vizepräsident von Central Unitaria de Trabajadores (CUT), dem größten Gewerkschaftsbund Kolumbiens.
taz: Herr Triana, die kolumbianische Regierung verspricht mehr ausländische Investitionen und mehr Arbeitsplätze durch das Freihandelsabkommen. Sie müssten sich freuen!
Gustavo Triana Suárez: Dieser Vertrag ist vor allem dazu da, unseren Markt für europäische Produkte zu öffnen.
Seit Mai gibt es einen Freihandelsvertrag mit den USA. Sehen Sie schon Auswirkungen?
Die Bauern, die Baumwolle anbauen, wollen ihre Produktion einstellen, weil Baumwolle aus den USA um 40 Prozent billiger ist. Auch in der Fleischwirtschaft gibt es Ängste. Bisher sind wir Selbstversorger, was Hühnerfleisch angeht, aber das wird sich schnell ändern. Die Hähnchenteile aus den USA sind billiger.
Warum hat die kolumbianische Regierung den Vertrag mit der EU dann unterschrieben?
Na ja, es profitieren schon Leute davon: zuerst einmal die Importeure. Es hat sich hier eine wirtschaftliche Klasse herausgebildet, die sich um die Importe kümmert: Großindustrie. Die wird natürlich Gewinn machen. Die Unternehmen importieren zum Beispiel billigeren Reis, aber behalten die Preise hier in Kolumbien bei. Auch die Kohlekonzerne machen mehr Gewinn, wenn die Schutzzölle wegfallen.
Aber davon profitieren doch auch die Kolumbianer!
Nein, das sind große, multinationale Konzerne. Davon haben wir hier nichts. Die Unternehmen zahlen nur sehr niedrige Steuern. Bei Kohle sind es 10 Prozent. Dazu kommt, dass die Arbeiterrechte nicht viel zählen. Das gleicht der Sklaverei.
Im Vertrag gibt es Klauseln zum Schutz von Menschenrechten. Verbessert das die Lage?
Diese Empfehlungen werden nichts helfen. Es gibt keine konkreten Mechanismen, keine Methoden. In Kolumbien ist die Gewalt gegen Gewerkschaftler am größten. Zwischen Februar 2011 und Ende April 2012 gab es 32 Morde an Gewerkschaftlern. Aber das interessiert die EU nicht, solange ihre Unternehmen hier gute Geschäfte machen können. INTERVIEW: RUTH REICHSTEIN