Übermutter

A walking fucking credit card: Der monumentale Bildband „Pam – American Icon“, fotografiert von Sante d’Orazio

Auf ihrem schwarzen Slip prangt in Klitzersteinchen gestickt das Dollarzeichen. Mehr noch als die mit Silikon auf Überformat aufgepumpten Brüste macht dieses Zeichen Pamela Anderson zur Sexgöttin. Zu einer amerikanischen Sexgöttin, muss man einschränkend hinzufügen – zum „American Icon“, wie der Titel des plakatgroßen Bildbandes lautet, der weltweit exklusiv beim Münchener Schirmer Mosel Verlag erscheint („Pam – American Icon“. Fotografien von Sante d’Orazio, mit englischen Texten von Glenn O’Brien, Richard Prince und Jeff Koons. 96 Seiten, 98 Euro).

Geld ist sexy und eine üppige blonde Mähne, riesige Titten sind es, ebenso weiße Zähne. Er ist eigentlich ganz einfach gestrickt, der Mythos der Sexgöttin, auch wenn er sich in der überschwänglichen Lobpreisung etwas komplexer darstellt, die ihm der langjährige GQ-Kolumnist Glenn O’Brien durch den Gang der Zeiten vom Pleistozän bis heute widmet.

Angesichts Pamela Andersons jedenfalls verfängt sein Versuch einer intellektuellen Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Pin-up nicht. Sein Scheitern zeigt sich am Ende seines Essays in einem unfreiwillig originellen Gedanken: Da nämlich beschreibt O’Brien das Playmate und die „Baywatch“-Darstellerin ausgerechnet als ein Sedativ, als Beruhigungsmittel also. Sie befreit ihn von seiner Angst in den Zeiten des Terrors. Ja, Pam ist wahrlich ein American Icon.

Den Verdacht, dass nicht nur die Sexyness, sondern auch die Beruhigung weniger von den Brüsten einer Übermutter namens Pam ausgeht als wiederum vom Dollarzeichen (das den Kauf von Sicherheit verspricht), nährt die Bemerkung von Richard Prince. Der international renommierte Künstler nennt Pam eine „walking fucking credit card“.

Dabei ist es ausgerechnet er, der hinter der Figur der Pamela Anderson eine Persönlichkeit kennt. Denn er erlebte sie als seine Nachbarin, zu Zeiten, als sie noch brünett und nicht operiert war. Als sie ein Hippie, vielleicht sogar ein Punk war: Pamela Landesman, die Assistentin, Sekretärin und Krankenschwester von Brian Wilson, dem legendären Beach Boy. Sein Text kann dann doch das Lachen von Pamela Anderson erklären, das fast der Kontrolle von Sante D’Orazios extrem gestylten Fotografien zu entgleiten scheint.

BRIGITTE WERNEBURG

Vom 8. bis zum 15. September sind die Fotografien als Sonderausstellung im Zusammenhang mit der derzeit laufenden Paul-McCarthy-Retrospektive im Münchener Haus der Kunst zu sehen. Im Zeichen des Dollars, pardon, im Rahmen der Open art. – Abbildung aus dem besprochenen Band