wortwechsel
: Einmischung in Syrien: „Mission accomplished?“

Das Regime Assads hat möglicherweise die Stadt Duma mit Giftgas angegriffen. Donald Trump schickt Raketen. Merkel gefällt das. taz-Leserinnen und -Leser sind nicht überzeugt

Ästhetik mörderischer Technik. B-1-Bomber am 13. April auf dem Weg nach Syrien, um reale oder imaginierte Chemiewaffenfabriken zu zerstören Foto: Department of Defense/ap

„Der syrische Knoten“, „Entscheidung gegen die Menschlichkeit“, „Kein Frieden ohne Kontrolle“, taz vom 14./15. 4. und 13. 4. 18

Öl ins Feuer

Der gemeinsame Angriff der sich selbst als demokratisch legitimierte Staaten bezeichnenden USA, Frankreich und Großbritannien auf ein souveränes Land ist entschieden zu verurteilen. Nur auf Verdachtsmomente für einen angeblichen Giftgasangriff gegründet, wird ohne UN-Mandat gebombt und damit das Völkerrecht mit Füßen getreten. Anstatt deeskalierend zu wirken, wird fleißig Öl ins kriegerische Feuer geschüttet.

Eine unabhängige Bestätigung für die Vorwürfe gibt es nicht, aber die Bundesregierung begrüßt diese Luftschläge. Frau Merkel hält das Ganze noch für „berechtigt und angemessen“, und der neue sozialdemokratische Außenminister bläst ohne erkennbare Sachkenntnis ins selbe Horn. Es kann einem angst und bange werden, ob solcher auf Krieg und vorsätzliche Konfrontation gepolter Außenpolitik der USA und Nato-Staaten. Krieg löst keine Probleme, er schafft nur Tod, Elend und Leid. Politiker an den Verhandlungstisch! Raimon Brete, Chemnitz

Not convinced

Welches Interesse sollten Assad und Putin gerade jetzt haben, wo sie militärisch kurz vor der Zurückeroberung stehen, Giftgas einzusetzen und ihren Erfolg militärisch und politisch zu gefährden? Warum kurz vor dem Einsatz der internationalen Untersuchungskommission? Das Interesse, diesen „Erfolg“ von Assad und Putin zu konterkarieren, liegt doch eher bei ihren Gegnern. Wie sagte Joschka Fischer zu Donald Rumsfeld, als er Giftgas im Irak als Einmarschgrund und als humanitäre Notwendigkeit perfide dahergelogen hat? „I am not convinced.“

Andreas Rosenhagen, Bremen

Stellvertreterkrieg

Es wäre ehrlich, wir würden zugeben, dass es nicht nur für Assad, Russland, Teheran und Ankara um „Landgewinn“ im Rahmen eines Stellvertreterkriegs geht, sondern genauso für das Westbündnis. Um die Menschen in der Region geht es nur vereinzelten NGOs und mutigen Helfern vor Ort. Wir lassen Syrien seit Jahren allein und helfen nur, soweit es unsere Bündnisinteressen zulassen. Der Eiertanz von Frau Merkel spricht Bände. Diese Form von Hilfe erinnert an das Ausschöpfen von Wasser im Erdgeschoss mit einer Eimerkette, während der Wasserrohrbruch im Keller unbehandelt bleibt. Hildegard Meier, Köln

Selektiver Humanismus

Wer gegen „Trumps Raketen“ auf Syrien protestiert, macht sich zum Handlanger des barbarischen Damaszener Regimes. Wer sich laut gegen Amerikas Einmischung äußert, darf seine Zunge nicht verschlucken, wenn Assad und seine russischen und iranischen Unterstützer Syriens Städte und Dörfer mit Chemie-, Napalm-, Phosphor-, Streu- und Fassbomben im wahrsten Sinne des Wortes „dem Erdboden gleichmachen“. Man stelle sich vor, das hätte man früher auch gesagt: „In Nazi-Deutschland sind doch genug Bomben gefallen. Lasst das sein, USA!“ Insgesamt fehlt der ganzen Debatte Empathie.

Die ganze Welt spricht seit 2011 über die Syrer. Gefühlt spricht keiner mit ihnen. Bevor es um „USA-Bashing“, „Kriegstreiber“ und „Putinismus“ geht, sollte es vor allem um die Millionen Toten, Verletzten und Vertriebenen gehen. Primär geht es darum, „den dritten Weltkrieg zu verhindern“, „Putin nicht zu sehr zu ärgern“ oder aber um „einen Präsidenten, der sich per Twitter lächerlich macht“. Dass der Militärschlag aber eventuell Hunderttausenden von Kindern und weiteren Unschuldigen das Leben retten könnte, darauf kommt man nicht. Dieser selektive Humanismus ist vor allem für diejenigen untragbar, die bei alldem die Hauptrolle spielen: die Syrer selbst. Saad Eddine Fidaoui, Buchholz

1990, 1999, 2003, 2011

Im Jahr 1990 waren es „aus Brutkästen herausgerissene Babys“ in Kuwait-Stadt. 1999 waren es der „Hufeisenplan“ und ein „Konzentrationslager“ im Fußballstadion von Prishtina. 2003 waren es „die biologischen und chemischen Waffen“ von Saddam Hussein. 2011 waren es „die angedrohten Massaker“ von Gaddafi an der gesamten Stadt Bengasi.

Was können wir lernen? Alle Kriege –auch die völkerrechtswidrigen – wurden mit angeblich sicheren Beweisen gerechtfertigt, die zunächst in der Bevölkerung die Zustimmung zu den Bombardierungen enorm steigern konnten. Erst sehr viel später wurden diese als Lügen entlarvt, nachdem ungezählte Menschen getötet und noch weitaus mehr zu körperlichen und psychischen Krüppeln, hasserfüllten Menschen und Flüchtenden wurden.

Wann werden die Kriegsrechtfertigungen von letzter Woche als Lügen entlarvt?

Ruth Gores, Kelmis, Belgien

Wo sind die Beweise?

In „Der Rote Faden“ vom 14./15. April schreibt Nina Apin zu der Frage, wie Journalisten mit dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien umgehen sollen, nämlich „schil­dern, was ist, re­cher­chie­ren, war­um das so ist – und das In­ter­pre­tie­ren des­sen, was jetzt ge­tan wer­den soll­te, den Mei­nungs­jour­na­lis­ten über­las­sen? Ha­ben wir dann auch ge­tan – und na­tür­lich war das Er­geb­nis un­be­frie­di­gend.“

Die „Meinungsjournalistin“ war in diesem Fall die Chefin Barbara Junge, die in derselben Zeitung in ihrem Kommentar prinzipiell einem militärischen Einsatz das Wort redet. Dabei stützt sie sich auf angebliche Beweise des französischen Präsidenten Macron. Wo sind diese Beweise? Was haben die Recherchen denn bisher ergeben? Die UN-Experten, die den Fall untersuchen sollen, treffen gerade erst in Syrien ein. Weiß die taz schon mehr?

Dann kriegt Frau Junge halbherzig noch die Kurve, weil ein Krieg nur klappt, „wenn man Partner hat, auf die man sich verlassen kann“. Nun – jetzt hat man gesehen: Trump hat Partner, auf die er sich verlassen kann. War das jetzt in Ihrem Sinne, Frau Junge? Claus Misfeldt, Schulensee