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NPD macht mal wieder Krach

Die Rechtsextremen kündigen an, massiv vor Schulen um Erstwähler zu werben. Helfen soll eine CD mit „völkischer“ Musik. Die ist schon heiß begehrt. Aber anders als von den Rechten beabsichtigt

VON ULRICH SCHULTE

Kurz vor der Bundestagswahl will die NPD vor allem JungwählerInnen auf den rechten Weg bringen. Die Rechtsextremen planen am nächsten Montag, den 12. September, eine bundesweit koordinierte Propagandaaktion vor Schulen. „In Berlin werden unsere Trupps vor 10 bis 15 Oberschulen stehen“, sagte Landessprecherin Stella Palau gestern. Vor allem Berufsschulen will die Partei mit einem Besuch beglücken, denn hier büffeln ja Wahlberechtigte. Namen wollte die NPD-Frau aber nicht verraten.

Die NPD bläst zum – speziell auf junge Leute abgestimmten – Wahlkampf. Derlei koordinierte, auch im Internet angekündigte Agitation direkt beim Erstwähler ist neu. Bisher postierten sich NPDler nur vor einzelnen Schulen, zum Beispiel in Fürstenwalde (die taz berichtete). In der Bildungsverwaltung betrachtet man das rechtsextreme Engagement mit einem mulmigen Gefühl: „Die Schulen werden per Fax gewarnt. Außerdem legen wir ihnen nahe, die Parolen im Unterricht pädagogisch aufzuarbeiten“, sagt Sprecher Jens Stiller.

Da auf dem Schulgelände dank der Hausordnung die Regel „Rechte müssen draußen bleiben“ gilt, wird die Partei ihre ausländerfeindlichen Slogans den SchülerInnen ein paar Meter weiter, auf dem Bürgersteig oder dem Parkplatz, nahe bringen – falls dort keine Gegendemonstration den Platz wegnimmt. Als wichtigsten Werbeträger haben die NPDler, darunter auch Mitglieder der Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN), eine eigens für den Wahlkampf kreierte „Schulhof-CD“ im Gepäck. Sie versammelt 14 Titel, von Rechts-Rock bis zur hohl-pathetischen Gesinnungsschnulze über das „Mädel“, das für die schwarz-weiß-rote Fahne stirbt.

Bundesweit hat die NPD 200.000 Stück gepresst, bereits 10.000 will sie laut ihrer Sprecherin in Berlin verteilt haben. Weitere 15.000 sollen am 12. September folgen. Die Zahlen sind aber wohl eher nationale Träumereien, dem Verfassungsschutz sind laut Sprecher Claus Guggenberger „signifikante Größenordnungen“ noch nicht zu Ohren gekommen. Auch haben sich bei der Bildungsverwaltung noch keine Berliner Direktoren gemeldet, die von NPD-Auftritten berichteten.

Dennoch ist das musikalische Machwerk bereits heiß begehrt, allerdings anders als von den Rechtshetzern gewünscht. Die DGB-Jugend lobt eine prämierte Rückrufaktion aus, um gegen die „menschenverachtende Propaganda“ einzutreten. Wer die NPD-CD bis Ende September einschickt, nimmt an einem Gewinnspiel teil. Der brandenburgische Verfassungsschutz wirbt ebenfalls dafür, die rechten Töne umzutauschen. Im Gegenzug verschickt die Behörde den Sampler „Musik gegen Rechts“ und eine thematisch passende DVD.

Von der CD-Aktion der NPD abgesehen haben die Rechtsextremen ihr Bemühen um Nachwuchs im Wahlkampf nicht wesentlich verstärkt. „Wir beobachten sonst nur die üblichen Aktivitäten“, sagt Verfassungsschutzsprecher Guggenberger. Doch auch die sind unappetitlich, am häufigsten werden Zettel mit Parolen an den Mann gebracht: So verteilte etwa die Gruppe „Märkischer Heimatschutz“ Flyer an drei Schulen in Lichtenberg. Eine kleine Splittergruppe mit Namen „Heimattreue deutsche Jugend“, in Berlin nur 15 Mitglieder stark, veranstaltet ab und an Zeltlager. „Bei diesen Lagern versuchen sie, mit Lagerfeuerromantik völkisches Brauchtum zu vermitteln“, sagt Guggenberger.

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