: Rektoren wollen den schwarzen Peter nicht
Das Studiengebühren-Modell der Landesregierung stößt in den Universitäten auf Kritik. Das Geld hätten die Rektoren gerne, aber sie fürchten die Auseinandersetzung mit den Studierenden – und die künftige Kürzung von Zuschüssen
KÖLN taz ■ Die Ankündigung von NRW-Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP), den Universitäten die Einführung von Studiengebühren zu erlauben, stößt bei den Rektoren auf wenig Begeisterung. Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz und Rektor der Uni Bielefeld, Dieter Timmermann, befürchtet „lähmende und zähe Debatten“ in den Hochschulgremien, die die Gebühren beschließen müssen. Auch der Prorektor der Uni Bonn, Wolfgang Löwer, sagt: „Die Politik schiebt uns den schwarzen Peter zu.“
Das am Mittwoch vorgestellte Modell sieht vor, dass die Hochschulen ab dem Wintersemester 2006/2007 von Studienanfängern bis zu 500 Euro pro Semester kassieren dürfen (taz berichtete). Auch Bafög-Empfänger sollen die Gebühr bezahlen. Sie müssen aber insgesamt „nur“ 10.000 Euro zurück erstatten – nach dem Studium und bei hinreichendem Einkommen.
Trotzdem vermisst Timmermann bei dem Plan die „Sozialverträglichkeit“. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen Gebühren, aber dann brauchen wir auch ein Stipendienmodell.“ Auch Sascha Vogt, Geschäftsführer des bundesweiten „Aktionsbündnis gegen Studiengebühren“ (ABS) befürchtet, dass „künftig noch weniger Kinder aus Arbeiterfamilien an die Hochschulen kommen“. Es sei erwiesen, „dass einkommensschwächere Schichten eine höhere Verschuldungsangst haben als der Durchschnitt der Bevölkerung“.
Die Studierenden wollen nun „die Auseinandersetzung in die Hochschulgremien tragen“, sagt Vogt – und bestätigt damit die Befürchtungen Timmermanns, dass auf die Unis erbitterte Diskussionen zukommen. Denn nicht nur unter den Studierenden, auch bei Professoren und Mitarbeitern in einigen Uni-Senaten gibt es Vorbehalte gegen Studiengebühren. So hat der Senat der Uni Münster vor kurzem einstimmig gegen Studiengebühren votiert, erzählt Vogt. Auch in Bielefeld, sagt Timmermann, gehe das „Unbehagen“ gegen Gebühren quer durch den ganzen Senat. Daher sei es „völlig offen“, wie seine Uni die Sache handhaben werde.
In Bonn wird es dagegen wohl eine Mehrheit für die Gebühreneinführung im Senat geben. „Das bezweifele ich nicht“, sagt Prorektor Löwer, der auf Mehreinnahmen von rund 16 Millionen Euro hofft. Auch der Rektor der Ruhr-Uni Bochum, Gerhard Wagner, der Gebühren eigentlich „für nicht glücklich“ hält, geht davon aus, dass er ihre Einführung nicht wird verhindern können. „Wir sind keine Insel und werden uns mit den Nachbarunis einigen müssen.“
Denn wenn etwa Dortmund Gebühren beschließe, Bochum aber nicht, würden die Erstsemester zunehmend nach Bochum strömen und sich die Studienbedingungen dort entsprechend verschlechtern, erklärt Wagner. Auch Timmermann befürchtet, dass die billigeren Unis bald entweder völlig überlaufen sind oder für alle Fächer den Numerus clausus einführen müssen. Er sagt daher: „Der Pinkwart-Plan ist nur gut für die Unis, die den Beschluss über die vollen 500 Euro durchkriegen.“
Das allerdings auch nur, wenn den Unis dafür nicht die staatlichen Zuschüsse gekürzt werden. Zwar hat Pinkwart den Abschluss eines Staatsvertrags angekündigt, der die Landesgelder von 3,2 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre garantieren soll, lobt Wagner. Aber er und Timmermann sind skeptisch, ob das Versprechen lange halten wird. Die Erfahrung in anderen Ländern wie England zeige, dass Gebühren tendenziell steigen und die Zuschüsse sinken. Timmermann prophezeit: „Spätestens 2010 wird das kommen.“SUSANNE GANNOTT