: Ein Glücksgriff für die Stadt
Mit der Ausstellung „Kunst findet Stadt. A lucky strike“ bringt die Gesellschaft für aktuelle Kunst Bremen und internationale Künstler ins Gespräch. Mit spannenden Ergebnissen, die sich den öffentlichen Raum erobern
„A Lucky Strike“ haben sie es genannt und das kann man blöde finden, weil es an die einschlägige Zigarettenmarke erinnert. Aber es stimmt nun einmal, diese Ausstellung der GAK (Gesellschaft für aktuelle Kunst) ist tatsächlich ein Glückstreffer. Weil sie zehn interessante Künstler-(gruppen) versammelt. Weil sie ihnen eine Aufgabe stellt, die, wenn man sie ernst nimmt, eine Herausforderung ist: Auf die Stadt Bremen künstlerisch zu reagieren. Und so können Gabriele Mackert, Leiterin der GAK und Horst Griese, der die Ausstellung mit ihr kuratiert hat, zurecht im Untertitel anfügen: „A Lucky Strike. Kunst findet Stadt“. Glücklich schließlich noch in Fragen der Finanzierung, denn das Projekt konnte auf Kulturhauptstadtsmittel zurückgreifen.
Wer hat hier was gefunden? „Wem gehört die Stadt?“ hat der US-Amerikaner Michael Rakowitz gefragt. Und ist auf zahllose Parkplätze gestoßen. Seine Erfindung (P)LOT macht eine andere Nutzung möglich: Rakowitz hat nämlich eine Art Zelt entwickelt, das mit Außenspiegel-Vorrichtung frappierend einer Autoabdeckplane ähnelt. Dieses kann man nun bei der GAK mieten und nach der Vorstellung Rakowitzens auf einem Parkplatz aufstellen, den man per Parkuhr regelgerecht anmietet.
Ebenfalls in den öffentlichen Raum bewegt sich der Wiener Künstler Werner Reiterer mit seiner Baustelle auf dem Bahnhofsvorplatz. Hinter einem Bauzaun hat er eine Grube ausheben lassen, über der ein Schild ankündigt: „Eingang zum Mittelpunkt der Welt“, untermalt von Baulärm vom Band und nachts von einer Lichtsäule erhellt.
Ganz einfach neu erfunden hat dagegen die Polin Aleksandra Mir die Stadt: Mit einer Postkarten-Serie, die Bremen all das schenkt, was ihm die ersehnten Touristen bescheren könnte: Ein Schloss mit Türmchen und Kuppeln, Schnee für den Wintersport – und verschickt es per Postwurfsendung an die Bremer.
Nicht alle Arbeiten sind so verspielt wie die von Reiterer, Rakowitz und Mir. Der Spanier Santiago Sierra, der in Deutschland zuletzt einen Raum der hannoverschen Kestnergesellschaft mit Schlamm füllte, um an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der 30er Jahre zu erinnern, hat nun den Besuch eines mexikanischen Bettlers im bremischen Daimler-Chrysler Werk gefilmt. Da ist dann zu sehen, wie sich der Mann bei seiner ersten Reise überhaupt in den Schalensitz auf dem Flughafen duckt und später kann man beobachten, wie er auf seine Krücken gestützt die Front eines Mercedes poliert.
Noch stärker auf den hiesigen Raum konzentriert ist die Arbeit der einzigen Bremer Künstlergruppe City. Crime. Control, die sich in den „Tales from Hazyland“ mit dem Verschwinden der gewohnten Stadt mit ihren sozialen und kulturellen Strukturen beschäftigen, an deren Stelle zunehmend bloße Projektionen treten. Zwei Wochen lang wird die Gruppe das Faulenquartier in eine virtuelle Disko-Meile verwandeln, um eben jene Lücke zwischen Ort und Inszenierung anschaulich zu machen.
Andere Arbeiten wie die Klanginstallation des Schweizer Künstlerduos Lutz/Guggisberg in den Wallanlagen hinter dem Wagenbach-Haus wirken im Vergleich heiter-unverbindlich. Aus dem Grün des Parks sind Stimmen zu hören, die sich mal raunend – „and I will give you cosy shelter“ – mal nüchtern – „die schwarzen Hörner der Bergziege“ – äußern. Doch in der Gesamtschau gelingt gerade in der Mischung der Zugänge und Tonlagen genau das, was sich die Kunstverantwortlichen so oft vergeblich auf die Fahnen schreiben: Die Begegnung von Kunst und Stadt. Friederike Gräff
„Kunst findet Stadt. A lucky strike“ in der Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK) und an mehreren Plätzen der Innenstadt vom 9.9. - 30.10. 2005. Die Ausstellung wird von einem breiten Programm mit Lesungen, Führungen und Performances begleitet. Mehr Information unter: www.gak-bremen.de