: Der Herbstwind bringt die frische Luft
Nur weil der Wind drehte, ist die durch den Müllbrand entstandene eklige Qualmwolke in Berlin verschwunden
Der beste Freund der Berliner ist der Wettergott – im Moment. Weil der Wind von Nordost auf Nordnordwest drehte, können viele Berliner wieder durchatmen: Der Qualm, der von der brennenden Mülldeponie in Bernau, nordöstlich von Berlin gelegen, erzeugt wird, zieht nun hauptsächlich über die Gemeinden am östlichen Stadtrand hinweg.
Ohnehin hätten die bisherigen Messungen der Schadstoffe, die im Allgemeinen in Rauchgasen enthalten sind, keine erhöhten Gefährdungen ergeben, sagte gestern eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung. Mit den mobilen Messwagen sei an 57 Stellen in der Stadt geprüft worden, dabei würde nach 43 giftigen Substanzen gesucht. Die genaue Konzentration dieser Schadstoffe sei mit der „semiquantitativen Messmethode“ aber nicht ermittelt worden – dies würde erst in einer Nachmessung geschehen, wenn es einen deutlichen Ausschlag gegeben hätte.
Im Moment wird in Berlin allerdings nicht gemessen – weil der Qualm des Feuers, das gestern Nachmittag mit Schaum und Erde teilweise unter Kontrolle gebracht werden konnte, an Berlin vorbeizieht.
Die Berliner sollten sich ohnehin besser auf ihre Nasen verlassen. „Die Nase ist ein hervorragendes Messinstrument“, sagt ein Experte der Senatsumweltverwaltung. „Wenn wir nicht gewusst hätten, dass es brennt, hätten wir das Feuer gar nicht bemerkt. Gerochen haben es alle.“
Wer den Qualm riecht, sollte also in jedem Fall Fenster und Türen geschlossen halten und die Klimaanlagen ausschalten. Auch sollte man sich bei Rauchgestank nicht unnötigerweise draußen aufhalten und anstrengende Tätigkeiten im Freien vermeiden, weil man dann erst richtig tief einatmet. Besonders schützen sollten sich vor allem Menschen mit Atemwegserkrankungen und Kleinkinder.
In Bernau würden Gewerbemischabfälle brennen, deren genaue Zusammensetzung nicht bekannt sei, warnte die Grünen-Umweltexpertin Felicitas Kubala gestern. „Die davon ausgehende Umwelt- und Gesundheitsgefahr kann daher nicht eindeutig bestimmt werden.“ In jedem Fall aber sei der Großbrand gesundheitsschädigend. Vom Senat fordert Kubala die Veröffentlichung der aktuellen Messdaten und die Einrichtung eine Telefon-Hotline für besorgte Bürger.
Diesem Anliegen ist man im Landkreis Barnim immerhin schon nachgekommen. Unter der Rufnummer (0 33 34) 21 46 15 können sich besorgte Bürger über den aktuellen Stand informieren. Allerdings nur von 7 bis 16 Uhr – als ob sich Feuer und Qualm nach den Dienstzeiten deutscher Amtsstuben richten würden. Wenigstens die Wetterlage macht den meisten Bewohner des Großraums Berlin Hoffnung: Der Wind soll in den nächsten Tagen weiter auf West und Südwest drehen – damit treibt der Qualm über relativ dünn besiedeltes Gebiet in Ostbrandenburg. ROT