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Archiv-Artikel

Ein Club wird cool

FUSSBALL Der deutsch-türkische Verein BAK 07 will sich als dritte Kraft im Berliner Fußball etablieren. Heute empfängt er im DFB-Pokal den Zweitligisten 1860 München

Um Rap- und Ballkunst zu vereinen, gibt es jetzt sogar eine Vereinshymne im HipHop-Style, die „Run BAK“ heißt

VON JENS UTHOFF

Die großen Buchstaben prangen auffällig auf der Brust. Rund ums Moabiter Poststadion sind an Spieltagen neuerdings viele junge Menschen in Shirts und Pullis mit den sechs Lettern gehüllt. „RUN BAK“ steht da. Nachempfunden ist das Logo der New Yorker HipHop-Band RUN DMC, die in den 80ern den Rap groß machte. Und wie die Band damals der Jugend auf den Straßen von Queens und darüber hinaus einen neuen Sound gab, sollen nun Moabiter Kids begeistert werden für diesen Verein, der auf den Namen BAK hört – Berliner Athletik-Klub 07. Um Rap- und Ballkunst zu vereinen, gibt es jetzt sogar eine Vereinshymne im HipHop-Style, die – na klar – „Run BAK“ heißt.

Viel Sprechgesang um nichts, könnte man meinen. Denn das Team des deutsch-türkischen Clubs fristet ein unaufgeregtes Dasein im Mittelfeld der Regionalliga Nordost. Zuletzt spielte man 1:1 gegen Germania Halberstadt. Aber: Zum einen steht am heutigen Dienstag in der zweiten Runde des DFB-Pokals mit dem Spiel gegen Zweitligist 1860 München ein echtes Highlight an, nachdem man in Runde eins bereits sensationell den Erstligisten Hoffenheim mit 4:0 vom Platz fegte. Zum anderen schafft der Verein sich gerade eine solide Basis, um im Berliner Raum dauerhaft dritte Kraft hinter Union und Hertha zu werden.

Auch um für den Club mehr Anhänger zu rekrutieren, haben die Berliner Rapper Gier und P-Zak das Vereinslied geschrieben: „Wir haben meist mit zehn Leuten im Stadion Stimmung gemacht. Sonst war nicht so viel los“, sagt Philipp alias P-Zak. Die Sympathisanten aber werden mehr. Erfolgreichster deutsch-türkischer Verein der Stadt ist man längst. Während Türkiyemspor ein Neuaufbau bevorsteht – selbst, wenn die Insolvenz abgewendet werden kann –, ist der BAK in den vergangenen Jahren das erfolgreichere Türkiyemspor geworden. Vor allem scheint man nicht mehr der Losung zu gehorchen, an der besonders die deutsch-türkischen Clubs Berlins fast alle scheiterten: Erfolg! Schnell! Um jeden Preis!

Aufs Geld achten

„Wir geben nicht mehr Geld aus, als in der Kasse ist. Wir erzwingen den Aufstieg in die Dritte Liga nicht“, betont Tobias Hach, Sprecher des Vereins. Dabei täte es Berlin gut, einen Repräsentanten wie den BAK 07 im Profifußball zu haben: Ein Club, der das Straßenbild in Stadtteilen wie Moabit, Wedding, Neukölln und Kreuzberg nach außen vertritt, hat es nie in die oberen Ligen geschafft. Beim BAK arbeitet man daran – den neuerlichen subkulturellen Anstrich können sie dabei gut gebrauchen. „Wir wollen ja auch die Jugendlichen ansprechen. Da gehören solche Aktionen dazu“, erklärt Hach.

Einige Richtungswechsel

In der jüngeren Geschichte des Clubs gab es einige Richtungswechsel. Bis in die Saison 2007/08 hinein kooperierte man eng mit dem türkischen Verein Ankaraspor, man fungierte als dessen Ausbildungclub – unter dem Namen „Berlin Ankaraspor Kulübü 07“. Der BAK war der Verein für die türkischen Talente, die türkische Community.

Im April 2011 nahm man wieder den alten Namen an. Die Vereinsphilosophie wandelte sich. „Der Club hat sich geöffnet“, sagt Hach. „Uns ist völlig egal, woher die Menschen kommen. Die sollen bei uns Fußball spielen und eine gute Zeit haben.“ Gleichzeitig will der BAK mehr als nur Kiezclub sein. „Wir wollen ein Berliner Verein sein. Wir sind es noch nicht, aber langsam kommen auch Leute aus anderen Stadtteilen zu uns.“ Türkiyemspor sei immer stark mit Kreuzberg verbunden gewesen. In Moabit wolle man nicht zu sehr im eigenen Saft schmoren, so Hach. Dass man soziale Verantwortung vor Ort übernehme, ist für ihn ohnehin selbstverständlich. Der Verein leistet etwa Hilfe im Alltag für die Jugendlichen, ein Mitglied hat eine Sprechstunde für die Kids eingerichtet. „Wir sind hier realistisch“, sagt Hach, „60 Prozent unserer Mitglieder beziehen Leistungen vom Staat. Erst mal helfen wir ihnen dabei, den bürokratischen Aufwand zu bewältigen. Ich verstehe selbst manchmal kaum, was die alles von den Jugendlichen wollen.“

Aus Fehlern gelernt

Präsident Mehmet Ali Han, der nach der Ankaraspor-Episode zum Verein zurückkehrte, betont: „Das erste Ziel ist es für uns, die Jugendlichen von der Straße in unseren Verein einzubinden. Das soziale Engagement ist in Moabit wichtiger als die Träume vom Profifußball.“ Han sagt, man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, als man nur auf die erste Herrenmannschaft geschaut habe. Heute besteht die Jugendarbeit des Vereins auch in Kooperationen mit dem Unternehmerverband Müsiad und dem Bildungswerk Kreuzberg, mithilfe derer Arbeits- oder Ausbildungsplätze vermittelt werden sollen.

Der BAK versuche, so Han, aus den kreativen Potenzialen des Stadtteils zu schöpfen, das Vielschichtige, Heterogene zu nutzen. Gleichzeitig bleibe die Sponsorensituation schwierig. Hier setzt man mittlerweile auf Breite statt auf wenige potente Geldgeber, die den Erfolg nur an der Ligazugehörigkeit messen.

Heute, beim Pokalspiel gegen die Sechziger, hofft man zunächst einmal, möglichst oft die neue Hymne zu hören. „Die soll jetzt nach jedem Tor gespielt werden“, sagt Rapper Philipp. Ursprünglich war das Lied nicht als Vereinshymne gedacht. Geschrieben haben es Philipp und sein Kompagnon eigentlich für Ali Avcioglu. Avcioglu ist mit den beiden Rappern befreundet und trägt die Rückennummer 9 beim Berliner AK. Er ist fürs Toreschießen zuständig. Und könnte am heutigen Dienstagabend im Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg selbst dafür sorgen, dass sein Song im Stadionrund oft ertönt.