Schlechtmenschentum aufwerten

betr.: „Die Opfer der besseren Welt“ (Die Gutmenschen), taz zwei vom 9. 9. 05

Irgendwie bin auch ich so ein Gutmensch. Manchmal jedenfalls.Wer dieses Wort benutzt, hat offensichtlich drei Motive: Lächerlichmachen einer verantwortungsvollen Lebenseinstellung (und von Werten, die Pflichten nach sich ziehen könnten), Unterstellen von wahlweise Eigennutz oder Dummheit, Diskreditieren des Wunsches, Verhältnisse zu ändern. Unter der Oberfläche geht es natürlich um das wohlige Gefühl, das eigene „Schlechtmenschentum“ aufzuwerten. Was einem vorher das Gewissen drückte, scheint auf einmal realistisch und schlau. Das ist der Grund, warum einem die Klassifizierung anderer als „Gutmenschen“ so ein angenehmes „So isses!“-Gefühl gibt. Und der ist, recht betrachtet, ein sehr armseliger.

DETLEF MÜLLER, Göttingen

Kann ich jetzt stolz sein, ein Gutmensch bleiben zu wollen? Ist es tröstlich, wenigstens ein rudimentäres Überleben meinesgleichen gesichert zu empfinden? Wirklich zu wissen, gab es das ohnehin nie? Dankenswerterweise – ein Gutmenschwort – kann die Debatte über die grünlichen Gutmenschen damit ebenso eröffnet werden, wie mit Lafontaines angeblichem Luxusleben mal wieder über den Wasser trinken müssenden armen Linken gestritten wird. Auch dabei sind nicht alle Gutmenschen, einige sind einfach reaktionär. Weitere Äußerungen wären bei mir nur in Gutmenschensprache zu haben und damit gleichzeitig wirkungsvoll und nach dem Beitrag kontraproduktiv. ROLF SCHEYER, Köln

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