Will er da raus?

Gerhard Schröder verteidigte vor 7.000 Zuhörern auf dem Marktplatz seine Politik – aber verriet mit keinem Wort, mit wem er sich die vorstellt

Bremen taz ■ Der Bundeskanzler war da, und um die 7.000 Menschen, die ihn live erleben wollten, drängten sich um die Sicherheits-Zäune auf dem Bremer Marktplatz. Was hat er zu sagen vier Tage vor der Wahl, die über sein politisches Schicksal entscheidet? Seine Rede ist kämpferisch wie sich das in Wahlkämpfen gehört, hat aber nicht den symbolischen Willen zur Macht der Jahre, in denen er am Zaun des Bundeskanzleramtes rüttelte und sein „Ich-will-da-rein“ rief.

Er wünscht den Bremer Fußballern viel Erfolg, behandelt die Frage, „in welche Richtung sich unser Land entwickeln soll“ und bekennt sich zu „ökologischer Sensibilität“, zu einer Politik der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens. Des Friedens? Er stehe dafür, erklärt er, dass man „Freunden in den Bündnissen helfen“ muss, „wenn sie Hilfe brauchen“ – aber darüber müsse „in Berlin entschieden werden“, spielt er auf die USA-Reise von Angela Merkel vor dem Irak-Krieg an. „Die paar Tage“ bis zum Wahltag werde er kämpfen, beendet er seine Rede nach einer knappen halben Stunde, und zwar „mit Freude“. Und dann? Auf diese Frage geht er nicht ein.

In langen Passagen seiner Rede – zum Thema Energiepolitik – redet er auch den Grünen aus der Seele. Keine flapsige Bemerkung über seinen Koalitionspartner Joschka Fischer, aber kein Bekenntnis in der Frage, mit wem er denn seine Politik weiter machen will.

Auffallend: Kein Wort auch über die FDP. Über die Probleme der CDU mit Paul Kirchhof und Friedrich Merz macht sich Schröder dagegen ausführlich lustig und äußert sogar Mitleid mit dem „Professor“, den keiner in der CDU eigentlich wolle. Kein Wort über Guido Westerwelle, kein Wort gegen die FDP, kein Wort auch über die Linkspartei. Oft kommt er auf Angela Merkel zu sprechen und „die da“, die CDU, die scheint er nicht ernst zu nehmen, wenn es um die „Kraft“ – und dieses Wort benutzt er mit kräftiger Stimme öfter – geht, „dieses Land zu führen“.

Dieser Kanzler hält sich offenbar alles offen, er ist noch nicht in Gedanken im Hannoveraner Vorruhestand. Nur wenn die SPD als Juniorpartner eine Koalition mit der CDU eingehen sollte, dann wäre das nicht mehr seine Politik, das macht er deutlich.

Und er versucht alle anzusprechen, die ihm zu wenig soziales Gewissen angekreidet haben. Mit ihm würde es keine Gebühren für das Erststudium geben, versichert er. In der Gesundheitspolitik müsse jeder das Recht auf gleiche Behandlung haben, unabhängig vom Geldbeutel, ruft er über den Platz. In der Bildungspolitik müsse jedes Talent gefördert werden, „unser Ziel muss es sein, besser zu sein als die anderen, um nicht billiger sein zu müssen.“

Ein hartes Wort spricht Schröder auch gegen die „Profitinteressen der Ölkonzerne“, die Antwort darauf könne nur sein: „Weg vom teuren Öl.“ Diese Politik „muss über den 18. September hinaus weitergehen“. Ein Passiv-Satz, der seine Rolle dabei nicht mehr erkennen lässt.

Klaus Wolschner