Christian Buss Der Wochenendkrimi
: Arm dran, gut drauf

Tauber hat plötzlich wieder eine zweite Hand. Sie surrt ein wenig, wenn sie auf und zu geht, aber hat sie einmal eine andere Hand gepackt, lässt sie die nicht wieder los. Wer weiß, vielleicht darf Kommissar Tauber (Edgar Selge), der einarmige Eigenbrötler, zum Abschied ja seine seelische und körperliche Versehrtheit überwinden.

Drogenfahnder Matthias Kurtz (Wanja Mues) hat es Tauber jedenfalls angetan. Mal schläft er beim Kollegen auf der Couch, mal ziehen beide zusammen durch Technoclubs. Und mit der Verliebtheit kommt eben auch die Eitelkeit: Eines Morgens hat sich Tauber zur Überraschung der Kollegin Jo Obermaier (Michaela May) seine kaum getragene Prothese angelegt.

Es gab ja seit Dienstantritt 1998 immer wieder zauberhafte Momente kurzer sozialer Coming-Outs des Griesgrams. Die Derangierten und Deformierten, die Aufsässigen und Aussortierten waren es, die ihn zu zwischenmenschlichen Hochleistungen antrieben. Das traurige Busenwunder in „Silikon Walli“, die einsame Webcam-Tänzerin in „Der scharlachrote Engel“, das schwangere Mädchen mit Down-Syndrom in „Rosis Baby“: Überall, wo die patente Familienmutter Obermaier versagte, entwickelte Menschenfeind Tauber riskante Zärtlichkeit.

Regisseur Andreas Kleinert („Rosis Baby“) lässt den Ermittler nun aufs Ganze gehen: Der Mord an einem Drogenfahnder gerät in „Endspiel“ (Buch: Alexander Adolph) in den Hintergrund, während Tauber sich von der Leidenschaft des jungen Kollegen anstecken lässt. Der raucht, rennt und brennt, als würde es kein Morgen geben, während Obermaier den Karrieresprung in den Innendienst versucht.

Da schnallt sich Tauber doch lieber die eigentlich so verhasste Prothese an – und stürzt sich für den (leider doch heterosexuellen) Drogenfahnder ins Coming-Out. Alter Arm, neues Glück? Wir werden es nicht mehr erfahren, am Ende gibt Tauber lächelnd seine Dienstmarke ab.

München-„Polizeiruf 110“: „Endspiel“, So., 20.15 Uhr, ARD