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Archiv-Artikel

Die Valentin-Voltaik

ENERGIE Das Dach des Nazi-Bunkers liefert Strom für 100 Haushalte. Historische Bedenken gibt es nicht

Die Stromgewinnung auf dem Bunker „Valentin“ ist ertragreicher als ursprünglich angenommen. Knapp die Hälfte des 420 Meter langen NS-U-Boot-Bunkers ist seit Weihnachten vergangenen Jahres mit 2.509 Photovoltaik-Modulen bedeckt. Sie erbringen eine Leistung von 308.356 Kilowattstunden, was dem Jahres-Energiebedarf von 100 Vier-Personen-Haushalten entspricht. In seinen Planungen war Phono Solar, eine weltweit agierende Firma, von lediglich gut 260.000 Kilowattstunden ausgegangen.

Dass Bremens längstes Gebäude ein unverschattetes Flachdach hat, legt eine Solarnutzung nahe. Aber passt sie zu der historischen Dimension des Ortes, bei dessen Errichtung Tausende Zwangsarbeiter starben? „Wir haben mit der Anlage keine Probleme“, sagt Marcus Meyer von der Landeszentrale für Politische Bildung, der die in Aufbau befindliche Gedenkstätte im „Valentin“ leitet. Die Sanierung des hinteren Bunkerteils in den 60er-Jahren durch die Bundesmarine, die dort bis 2010 ein Materiallager unterhielt, habe den historischen Charakter ohnehin nivelliert. Der nicht renovierte Teil der fast 35.400 Quadratmeter großen Dachfläche, der von Bombenspuren gezeichnet ist, bleibt unbebautes Biotop.

Nach anfänglichem Zögern hat auch Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki der Solaranlage zugestimmt – aber durchgesetzt, dass die Module nicht bis an den Rand gebaut wurden. Skalecki: „Optisch dürfen sie nicht wahrnehmbar sein.“ Beschwerden von Besuchern oder Häftlingsverbänden sind ihm nicht bekannt. Auch Meyer hat nichts dergleichen gehört. „Aber unsere Besucher fliegen ja auch nicht über den Bunker.“

Phono Solar selbst bezeichnet die Anlage als „Beitrag zur Erhaltung des Erinnerungsortes“. Die Nutzungspacht, deren Höhe unbekannt ist, entlaste die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Bunkerbesitzerin. Diese müsse jährlich 200.000 Euro in die Instandhaltung investieren.

Im Übrigen ist es nicht das erste Mal, dass sich der Bunker als Energielieferant empfiehlt: 1957 plante die Bundesregierung die Umwandlung des gigantischen Gebäudes in ein Atomkraftwerk. HENNING BLEYL