Emotionale Manipulationen und Interaktionsgrenzen

JUNGE THEATERPRODUKTIONEN Zum zweiten Mal präsentiert das Europäische Festival für junge Regie „Fast Forward“ in Braunschweig bis zum Sonntag acht aktuelle Theaterproduktionen, die von ganz unterschiedlichen Theatertraditionen, Regieausbildungen und Kunsterfahrungen geprägt sind

Einen Einblick in die Vielfalt europäischer Theaterkultur gibt zum zweiten Mal das Europäische Festival für junge Regie „Fast Forward“ in Braunschweig. Zu sehen sind bis Sonntag acht Theaterproduktionen junger Regisseur_innen aus sechs Ländern, die nicht nur die unterschiedlichen gesellschaftlichen und sozialen Gegebenheiten widerspiegeln, sondern auch von unterschiedlichen Theatertraditionen, Regieausbildungen und Kunsterfahrungen geprägt sind. Ein Rahmenprogramm bietet außerdem Publikumsgespräche, Podiumsdiskussionen zu den Themen „Theater und Markt“ und „Kunst und Demokratie“, Workshops und ein Seminar. Am Ende wählt eine Fachjury eine Produktion aus, deren Regisseur_in in der nächsten Spielzeit am Staatstheater inszenieren wird.

Zu Gast ist unter anderem das israelisch-französische Künstlerduo Winter Family mit seinem ersten Theaterstück „Jerusalem, gegossenes Blei“: Eine Dokumentarperformance, in der sich Ruth Rosenthal und Xavier Klaine mit in Israel aufgezeichneten Ton- und Bilddokumenten auf eine „halluzinierte Reise“ in die Geschichte Israels begeben und sich mit all den emotionalen Manipulationen auseinandersetzen, die Alltag und Politik seit ihrer Kindheit geprägt haben. Dabei zeichnet Performerin Rosenthal nach und nach ein persönliches Bild einer Gesellschaft, deren Alltag von Ängsten beherrscht wird, die sich nicht selten in einer radikalen Flucht nach vorn äußern. Beim Pariser Festival Impatience wurde „Jerusalem, gegossenes Blei“ im letzten Jahr als bestes Theaterstück ausgezeichnet.

Das Spektrum kommunikativer Gesetzmäßigkeiten wiederum untersuchen die Schweizer Adrien Rupp und Katy Hernan in ihrer theatralen Interaktionsforschung „Das Gesetz der Interaktion von isolierten Punkten in einem definierten Feld oder Die Geschichte der Giraffe die (zu viel) Angst macht“. Im Mittelpunkt stehen dabei neben physischen und soziologischen Aspekten der Kommunikation vor allem die sprachlichen Grenzen der Interaktion und das Theater als Kunstform, in der nichts ohne ein Gegenüber funktioniert. Warum stellen sich Menschen ausgerechnet ins Rampenlicht, um zu kommunizieren? Vor zwei Jahren gab es dafür den ersten Preis des Schweizer Nachwuchswettbewerbs Premio.  MATT

■ Braunschweig: Do, 15. 11., bis So, 18. 11., Staatstheater Braunschweig und LOT-Theater, Kaffeetwete 4