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Archiv-Artikel

Fröhlich gestolpert

Von wegen Ende des Trostfernsehens: Heute startet die ARD ihre Telenovela „Sturm der Liebe“ (15.10 Uhr)

Ab heute gibt es auch in der ARD eleeeeegische Kameraschwenks über Wiesen und Wälder und laaaaaange innere Monologe der Protagonisten: Die erste Telenovela im Ersten startet. Nachdem das ZDF mit „Bianca – Wege zum Glück“ bereits gezeigt hat, wie man mit vergleichsweise wenig Budget vergleichsweise viel Sendezeit produzieren kann („Verliebt in Berlin“ auf Sat.1 hat eher das Tempo einer Daily Soap), zieht nun die ARD nach und präsentiert ihren eigenen täglichen TV-Schundroman.

Diesmal findet sich das Paar, das (noch) nicht sein darf, im Englischen Garten in München. Laura Mahler (Henriette Richter-Röhl) ist aus der Kleinstadt geflohen, nachdem sie herausgefunden hat, dass ihr Verlobter sie kurz vor der Hochzeit betrogen hat. Tief enttäuscht, doch herzensgut aufgelegt streicht sie durch die Großstadt, fotografiert japanische Touristen, stolpert dabei über ihre eigene Kamera, wird von Hotelierssohn Alexander Saalfeld (Gregory B. Waldis) aufgefangen, der daraufhin einen Stift verliert, den ihm Laura aber zurückbringt, weil sie gehört hat, wie Alexander seinen nächsten Treffpunkt ins Handy gesagt hat, woraufhin die beiden einen tollen Tag in München verbringen, sich für den nächsten Tag wieder verabreden, es aber nicht dazu kommt, jedenfalls noch nicht, weil sich die beiden nur kurze Zeit später im Hotel von Alexanders Vater wiedertreffen, wo Lauras Freundin Tanja gerade eine Ausbildung angefangen hat und auch Laura bald als Konditorin arbeiten wird.

So fröhlich stolpert die Geschichte von „Sturm der Liebe“ daher – gestreckt wie gesagt durch Naturaufnahmen und viel Selbstgespräche –, dass die Serie fast vergisst, die eigentliche Dramatik aufzubauen: Alexander ist bereits verlobt und somit nicht frei für Spontanliebe Laura. Ganz scheint man bei der Bavaria (ja, der Bavaria, der mit der Schleichwerbung), die hiermit ihre erste Telenovela produziert, noch nicht das Handwerk zu beherrschen. Die Geschichte kommt nicht in Fahrt – was erstaunlich ist, weil „Sturm der Liebe“ mit seinen 100 „Kapiteln“ genannten Folgen deutlich kürzer ist als etwa „Bianca“ (224 Folgen) oder „Verliebt in Berlin“ (rund 300).

Doch der Schmalz wird seine Zuschauerinnen finden, keine Frage. Der Quotenerfolg der ersten beiden Telenovelas hat bewiesen, dass die einfache Erzählstruktur und die schematisch gezeichneten Figuren genau das richtige Maß an Unterkomplexität haben, das es für ein Fernsehen braucht, das sein Publikum nie überfordert. So gesehen ist „Sturm der Liebe“ nur die konsequente Fortsetzung von „Fliege“, der seinen Sendeplatz hierfür räumen musste: Trostfernsehen für alle, denen der Alltag und manchmal halt auch der Anspruch des Fernsehens zu viel werden. HANNAH PILARCZYK