: WEN HABT IHR LIEBER?DAS SAGEN DIE MÄDCHEN
INTERVIEWS ANNETTE BRUHNS UND ANKE DÜRR Männer drängeln, sagt die Achtklässlerin. Frauen bevorzugen, sagt der Achtklässler. Sieben 13-Jährige über Chefinnen und Chefs
Charlotte, Nina, Hannah und Marlene, vier 13-jährige Mädchen einer achten Klasse in Hamburg, über ihre Zukunft.
ProQuote: Was wollt ihr werden?
Charlotte: Ich möchte Schauspielerin werden. Oder sonst Architektin oder Ingenieurin.
Nina: Sportjournalistin.
Hannah: Landschaftsarchitektin.
Marlene: Wenn die Kindergärtnerinnen bis dahin mehr verdienen, würde ich das werden. Sonst: Archäologin.
Heißt das, dass du mal viel verdienen willst?
Marlene: Nein. Ich find’s bloß unfair, dass der Lohn in einem so wichtigen Beruf so niedrig ist.
Wer von euch möchte viel verdienen?
Nina: Ich will keinen Hungerlohn.
Hannah: Ich möchte ein schönes Leben. Ab und zu in den Urlaub.
Ihr könntet ja auch einen gut verdienenden Mann heiraten.
Nina: Wenn man dann rausgesetzt wird, muss man ja doch arbeiten.
Hannah: Ich würde mir mit meinem Mann alles teilen. Zum Beispiel, dass beide mal Teilzeit arbeiten, wegen der Kinder. Und später wieder Vollzeit.
Nina: Meine Mutter wollte jetzt von Teilzeit auf Vollzeit gehen, aber das wollte ihr Chef nicht. Der will lieber, dass die Leute Überstunden machen.
Marlene: Ich will auf jeden Fall mein eigenes Geld verdienen. Und nicht, dass mein Mann darüber bestimmt, was ich ausgebe.
Hannah: Für mich käme das auf den Mann an. Wenn ich den voll gern habe und mit ihm mein ganzes Leben teilen möchte, dann würde ich vielleicht weniger arbeiten. Sonst nicht.
Wie seht ihr denn eure Chancen, dass ihr tatsächlich Architektin, Ingenieurin oder Journalistin werdet?
Charlotte: Ganz gut.
Marlene: Wir sind ja alle nicht so schlecht in der Schule.
Hannah: Man braucht aber auch nette Chefs, die einen mögen …
Nina: … am besten Chefinnen!
Glaubt ihr, dass ihr die gleichen Chancen habt wie die Jungs?
Marlene: Wenn die Mädchen lauter werden und mehr auf sich aufmerksam machen, dann schon. Aber das machen eben nicht viele Mädchen, deshalb werden die auch benachteiligt.
Die Mädchen sind selbst schuld?
Marlene: Die Jungs drängeln sich vor und tun so, als ob sie’s gut können. Manchmal reicht das ja schon. Und das tun Mädchen eher nicht.
Marlene: In unserer Klasse gibt es Mädchen, die sind so schüchtern, dass sie, wenn der Lehrer sie fragt, antworten: Das kann ich nicht. Dabei können sie’s.
Seid ihr denn laut genug?
Nina: Marlene schon. Ich nicht.
Hannah: Ich mag nicht angeberisch sein.
Hättet ihr später lieber einen Chef oder eine Chefin?
Nina und Hannah: Eine Chefin!
Nina: Chefinnen fühlen mit.
Marlene: Eigentlich wäre ich lieber selber Chefin als Angestellte.
Hannah: Mir wäre das zu viel Arbeit, Chefin zu sein.
Zurzeit gibt’s in Deutschland weniger Chefinnen als Chefs.
Charlotte: Ich glaube, dass Frauen sich lieber fügen. Und Männern ist der Beruf oft wichtiger als die Familie.
Hannah: Männer, die Chefs sind, bestimmen halt andere Männer als Chefs, wenn sie aufhören. Und nicht Frauen. Das ist, wie wenn ein Junge Süßigkeiten hat, dann teilt er die mit den Jungs und nicht mit den Mädchen.
Marlene: Das liegt daran, dass Jungs mehr Teamsport machen.
Seid ihr Mädchen kein Team?
Charlotte: Eher Miniteams, mehr vereinzelt.
Nina: Wenn da ein Mädchen ist und zwei Jungs, dann halten die zwei immer zusammen, egal wie viele Nackenklatscher der eine dem anderen gegeben hat.
Das ist bei Mädchen anders?
Nina: Wenn die sich gerade gestritten haben, dann nicht. Und manche Mädchen wollen sich bei den Jungs einschmeicheln.
Woran liegt das?
Charlotte: Das ist noch so von früher, glaub’ ich. Die Männer hatten die Oberhand, daran beißen sie sich fest.
Nina: Auf der Straße weichen doch auch eher die Frauen aus als die Männer.
Wie sollen die Männer sein, die ihr mal heiratet?
Marlene: Nett und reich und schlau …
Nina: … respektvoll …
Charlotte: … hübsch …
Nina: … groß …
Marlene: … und keine Ja-Sager. Ich möchte mit meinem Mann diskutieren.
Charlotte: Fleißig, vor allem auch im Haushalt.
Nina: Mein Vater putzt die Badezimmer. Und meine Mutter streicht gern Wände.
Und wenn ihr selbst Chefinnen werdet, darf euer Mann dann ein Hausmann sein?
Alle: Nein!
Hannah: Das klingt so komisch.
Charlotte: Das soll ja auch Gleichberechtigung sein. Ein Mann will auch nicht die ganze Zeit putzen.
Annette Bruhns, 46, Spiegel-Redakteurin, Chefin von „ProQuote Medien e. V.“ und alleinerziehende Mutter, liest gern, dass berufstätige Mütter effizienter seien als Männer – glaubt es aber nicht
DAS SAGEN DIE JUNGS
Emil, Henri und Robert, drei 13-jährige Achtklässler aus Hamburg, über Berufswünsche und Frauen.
ProQuote: Was wollt ihr mal werden?
Emil: Ich weiß es noch nicht. Henri: Ich auch noch nicht. Journalist vielleicht. Mir macht Schreiben Spaß.
Robert: Irgendetwas, das Spaß macht. Und wo man auch ein bisschen Geld verdient. Mein Traumberuf ist Chef einer russischen Ölfirma. Nein, Quatsch. Arzt könnte ich mir vorstellen.
Macht es euch Sorgen, dass ihr euch in ein paar Jahren für einen Beruf entscheiden müsst?
Robert und Henri: Ja.
Emil: Mir nicht. Ich weiß, dass ich dann schon in irgendeine Richtung gehe.
Robert: Ich studier erst mal.
Henri: Ich auch, aber nicht so wie der Papa, der erst anfängt, Medizin zu studieren, und dann überlegt, oh, ich werd doch Journalist.
Emil: Als Journalist kommt man doch ganz schön rum, oder?
Henri: Es hat jedenfalls nichts mit Rechnen zu tun. Aber ich möchte gar nicht so viel reisen. Wenn ich eine Familie habe …
… ist das oft schwierig. Wer kümmert sich denn dann um die Kinder, wenn ihr arbeitet?
Henri: Meine Frau. Oder wir wechseln uns ab. Morgens sind die Kinder ja in der Schule, und dann gehen sie zu einer Tagesmutter, das ist besser als so ein Massenhort. Am Abend passt eine Babysitterin auf sie auf, wenn ich nicht da bin, aber ich versuche natürlich viel da zu sein.
Emil: Ich hab später auch mal eine Familie. Vielleicht arbeite ich auch ein bisschen mehr als meine Frau, aber ich versuch auch, viel bei meinen Kindern zu sein.
Könntest du dir vorstellen, dass deine Frau mehr arbeitet als du?
Emil: Könnte auch passieren.
Henri: Von mir aus gerne.
Robert: In der Küche. Scherz! Ja, kann sein, dass sie mehr arbeitet.
Dann würde sie wohl auch mehr verdienen als du. Würdest du damit klarkommen?
Robert: Wenn sie mir was abgibt.
Das würde vielleicht auch bedeuten, dass du dann mehr im Haushalt machen müsstest.
Robert: Oh, nein. Dafür hat man ja Kinder.
Helft ihr denn im Haushalt?
Henri: Nicht wirklich.
Emil: Geht so. Ich sauge manchmal und geh mit dem Hund raus und ich räume manchmal die Spülmaschine aus. Und ich räume mein Zimmer auf.
Robert: Ich helfe vor allem, wenn meine Eltern sauer sind. Damit sie nicht noch saurer werden. Feste Aufgaben hab ich nicht.
Könnt ihr euch vorstellen, mal unter einer Chefin zu arbeiten?
Henri: Ja, aber ich wäre oft sauer auf sie.
Emil: Warum?
Henri: Weil man sich mit Chefs immer streitet, und ich glaube, mit einer Frau würde ich mich noch mehr streiten.
Warum denn?
Henri: Weil Männer Kumpel sind und zusammenhalten. Auf jeden Fall ist das in Fernsehserien so.
Emil: Mir ist egal, ob das eine Chefin ist oder ein Chef, es geht ja um die Firma. Wenn ich die Wahl hätte zwischen einem Mann und einer Frau, und ich weiß, dass die Frau das gut macht, würde ich die Frau wählen.
Robert: Eine Frau wäre wahrscheinlich etwas ungewohnt.
Henri: Hat man doch in der Schule auch, die Lehrerinnen.
Robert: Wenn es immer mehr Chefinnen gibt, dann werden immer mehr Frauen befördert.
Aber jetzt ist es ja meistens andersrum. Wäre es nicht gerecht, wenn sich das mal ändert?
Robert: Hm, ja. Wenn es dann nicht zu extrem wird.
Habt ihr denn in der Schule lieber Lehrer als Lehrerinnen?
Robert: Eigentlich schon.
Emil: Die Lehrerinnen halten immer zu den Mädchen, immer. Die Mädchen sagen sogar selbst, dass sie bevorzugt werden, aber sie können natürlich nichts dafür.
Wie äußert sich das denn? Kommen die Mädchen öfter dran?
Henri: Nein, aber wenn ein Junge und ein Mädchen zusammen quatschen im Unterricht …
Emil: … dann wird immer der Junge angemeckert.
Und das ist bei Lehrern nicht so?
Emil: Die Lehrer sind deutlicher in ihren Ansagen.
Robert: Die sehen das allgemein mit dem Lärm nicht so schlimm.
Henri: Die Jungs sind gar nicht immer die lauteren. Sie springen bloß eher auf.
Anke Dürr, 43, seit 1995 Redakteurin beim KulturSpiegel, in der Jury des Berliner Theatertreffens, verheiratet und Mutter von zwei Söhnen, möchte nie wieder hören, dass Frauen ein angeborenes Talent zum Multitasking haben