: »SELBSTBEWUSSTE FRAUEN LASSEN SICH NICHT MEHR VERTRÖSTEN«
„Türkisch für Anfänger“, „Marias letzte Reise“, Koproduktionen mit Michael Haneke („Das weiße Band“) – dafür war Bettina Reitz als Fernsehspielchefin des Bayerischen Rundfunks verantwortlich. Seit Juni dieses Jahres ist sie als erste Frau TV-Direktorin beim BR und damit für Unterhaltung und Information zuständig.
ProQuote: Im fiktionalen Bereich arbeiten beim BR sehr viele Frauen, in der Information nicht. Wie kann man das ändern?
Aus der ARD gibt es aktuell die Bitte um mehr Kommentatorinnen in den „Tagesthemen“. Es fiel bei der Wahlberichterstattung aus den USA positiv auf, dass auf ARD-Seite mit Tina Hassel als Studiochefin in Washington eine Frau auf dem Bildschirm so präsent war. Aber: Aktualität bedeutet einen erhöhten Stressfaktor. Da hört man immer wieder den Satz: „Das tue ich mir doch nicht an.“
Müsste man dann nicht die Arbeit in Führungspositionen anders verteilen? Muss man morgens die Erste und abends die Letze sein?
Ein klares Nein! Jedenfalls dann, wenn wir Führungsrollen künftig mit Menschen besetzen möchten, die ihre Verantwortung für die Familie leben wollen. Das gilt für Männer genauso. Wir müssen teamfähiger werden, mehr delegieren. Ich habe selbst einen 15-jährigen Sohn und verlasse meinen Schreibtisch nicht um 17 Uhr. Aber ich achte darauf, wie viele Abendtermine ich wahrnehme.
Halten Sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für ein wichtiges politisches Ziel?
Und wie! Bislang wird, auch steuerrechtlich, das traditionelle Frauenbild gestützt. Es gab keine Ermutigung für eine Frau wie mich, die Familie wollte, aber eben auch leidenschaftlich gern arbeitet. Dafür musste ich mich sogar rechtfertigen.
Sagen Frauen, die gern Karriere machen wollen, nicht laut genug „Hier!“?
Es gibt heute sehr selbstbewusste Frauen, die ihre Leistungen präsentieren und Anerkennung einfordern. Wenn man da nicht sofort reagieren kann, weil es etwa keine passende Position gibt, lassen sie sich nicht auf eine längerfristige Planung vertrösten. Sie haben kein Vertrauen in solche Versprechungen.
INTERVIEW: SISSI PITZER