: DAS SATTE SCHWEIGEN
An dieser Stelle sollte eigentlich ein Streitgespräch über die Quote im Journalismus stehen …
Aber daraus wurde nichts. Es stellte sich heraus: Mit Chefredakteuren über Frauenquoten reden zu wollen ist, als wolle man sie zu Erektionsproblemen befragen. Flucht, Schweigen und am liebsten: Vorwärtsverteidigung
Kurt Kister, Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung:
Kister lässt ausrichten, dass wir nicht ihn, sondern die „wahren Quotengegner“ im Verlag fragen sollten, gemeint sind die Geschäftsführer der Holding. Nee, wir wollen schon einen Chefredakteur hören. Heribert Prantl, ebenfalls Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, sagt zunächst zu, aber ein Termin nach dem anderen sowie diverse Misshelligkeiten des Alltags kommen ihm wochenlang dazwischen, zu dumm.
Georg Mascolo vom Spiegel:
Er hatte sich als einziger Chefredakteur schon ganz klar öffentlich gegen die Quote ausgesprochen. Wir fragen ihn trotzdem, hilft ja nix, aber erwartungsgemäß sagt er ab.
Frank Schirrmacher von derFrankfurter Allgemeinen Zeitung: Schirrmacher lässt ausrichten, als „Freund der Quote“ sei er wohl nicht der geeignete Gesprächspartner für uns. Aha! Heißt das, er führt die Quote ein!?! Wir rufen an, um nachzufragen; seine Assistentin mag nicht durchstellen. Kurz darauf übermittelt sie die Antwort: „Nein, Herr Schirrmacher führt die Quote nicht ein.“
Wolfgang Krach, der dritte im Chefredakteursbund bei der Süddeutschen Zeitung: Ihm fällt ein genialer Grund für die Absage ein: Sie hätten bei derSüddeutschen einen Plan, wie Kolleginnen zu fördern seien, aber den sollten diese nicht aus der ProQuote-taz erfahren. Und leider, leider finde sich vor dem Erscheinen der taz kein Termin, um der Redaktion offiziell die neue Frauenstrategie zu verkünden.
Mathias Müller von Blumencron, der Spiegel-Chefredakteur fürs Digitale: Er ist auch ganz nah dran an den Befürworterinnen der Quote, einführen mag er sie allerdings nicht. Aber: „Ich denke die Quote bei jeder Einstellung mit.“ Absage.
Werner D’Inka, wie Schirrmacher einer der Herausgeber derFrankfurter Allgemeinen Zeitung: D’Inka schreibt in seine Absage: „Es ist schon alles gesagt worden zu diesem Thema, vieles davon mehrfach.“ Wie bitte? Über die Quote im Journalismus ist öffentlich fast noch nichts gesagt worden.
Jan-Eric Peters, Chefredakteur der Welt: Peters hat keine Zeit. Außerdem ist ihm zufolge die Frauenwelt in seinem Hause (das er größer fasst als wir) in Ordnung, den Anteil von Kolleginnen in „der ersten und zweiten Führungsebene“ beziffert er mit „gut 38 Prozent“. Potzblitz! Die wahren Zahlen bei der Welt? Siehe links. Nikolaus Blome, Mitglied der Chefredaktion bei der Bild: Blome mag (oder darf?) auch nicht: mit uns reden. Er übergibt an den Sprecher des Axel-Springer-Verlags. Der schreibt am Sonntag, 22.23 Uhr: Man führe bei Springer „zwar keine Statistik über die Geschlechterverteilung in der Redaktion“ (wie schade!), aber vielleicht, mahnt er an, sollten wir uns „vor Augen führen, dass Europas größte Tageszeitung derzeit von einer Frau und einem Mann geführt wird“. Die wahren Zahlen bei der Bild: siehe nebenan.
Fazit: Wir sind von Quotenfreunden umzingelt.