Emissionshandel auch für Airlines

Die EU-Kommission will die Treibhausgase im Flugverkehr reduzieren und strebt die gleichen Regeln wie für die Industrie an. Die Firmen hätten lieber größere Flughäfen

BRÜSSEL taz ■ Die EU-Kommission will einen weiteren Schritt im Emissionshandel gehen und ab 2008 auch den gesamten europäischen Flugverkehr einbeziehen. Das erklärte der EU-Umweltkommissar Starvos Dimas gestern in Straßburg. „Der Flug-Boom bringt einen enormen Anstieg der CO2-Gase mit sich und deshalb müssen die Fluggesellschaften ihren Teil zur Reduzierung der Treibhausgase leisten.“

Das Prinzip wäre dann das gleiche wie für die übrige europäische Industrie, die bereits seit Anfang des Jahres am Emissionshandel teilnimmt: Die Fluggesellschaften bekommen ein gewisses Kontingent an Emissionen und müssen sich – falls sie diese Grenzen überschreiten – zusätzliche Mengen dazukaufen. Die Kommission will auf diese Weise den Ausstoß von Treibhausgasen im Flugverkehr bis 2012 um 17 Prozent verringern. Die Regelung soll für alle Flüge gelten, die von einem EU-Flughafen starten.

Die Emissionen des internationalen Flugverkehrs in Europa machen zurzeit etwa 3 Prozent des gesamten Treibhausgas-Ausstoßes aus. Allerdings wächst der Flugverkehr rasant. „Bis 2012 rechnen wir in diesem Sektor mit einem Anstieg der Treibhausgase von rund 150 Prozent“, sagte eine Kommissionssprecherin. Dazu kommt ein weiteres Problem: Vom Kioto-Protokoll werden nur Inlandsflüge erfasst. Für die internationalen Verbindungen gibt es bisher keine Programme zum Klimaschutz.

Umweltverbände kritisieren die Pläne der Kommission als wenig effizient. Abgaben auf Flugtickets oder eine Kerosinsteuer wären sinnvoller gewesen. „Der Emissionshandel ist die billigste Lösung für die Fluggesellschaften, und die vom Tourismus abhängigen Mitgliedsländer wie Italien und Spanien werden versuchen, den Handel möglichst großzügig zu gestalten“, sagt Jan Kowalzig von Friends of the Earth Europe.

Die Europäische Vereinigung der Luftfahrtunternehmen und deren Mitglieder, wie zum Beispiel die Lufthansa, verschließen sich nicht grundsätzlich dem Emissionshandel. Allerdings fordern sie die Kommission auf, zuvor andere Möglichkeiten zu prüfen – zum Beispiel die Verbesserung der Infrastruktur auf den europäischen Flughäfen: „Wenn wir keine Warteschleifen fliegen müssen, könnten wir 115.000 Tonnen Kerosin im Jahr sparen. Das entspricht elf Langstreckenflügen von Frankfurt nach New York“, sagt Lufthansa-Sprecher Stefan Schaffrath.

Er zeigte sich zudem überzeugt, dass allein der hohe Kerosinpreis zu weniger CO2-Gasen führen wird. „Wir rechnen in diesem Jahr mit 2,5 Milliarden Euro für Kerosin. 2004 waren es 1,8 Milliarden. Da überlegen sich die Fluggesellschaften sehr schnell, wie sie ihren Verbrauch reduzieren können.“ Lufthansa setzt unter anderem auf den neuen Airbus A 380, der 3 Liter Kerosin pro Passagier auf 100 Kilometern verbrauchen soll.

Die Fluggesellschaften rechnen für den Fall der Umsetzung der Pläne mit einer Erhöhung der Flugpreise. Nach Berechnungen der EU-Kommission würden diese aber höchstens um 9 Euro pro Hin- und Rückflugticket steigen. Als nächster Schritt soll nun ein konkreter Regelungsvorschlag folgen, dem auch das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten zustimmen müssten. Aus dem Parlament wurde bereits Zustimmung signalisiert. Der Vorsitzende des Umweltausschusses, Karl-Heinz Florenz von der Europäischen Volkspartei, bezeichnete die Initiative als „überfällig“. Er warnte zugleich davor, den Flugverkehr in den bestehenden Emissionshandel einzugliedern. „Dann kaufen die großen Fluggesellschaften den mittelständischen Industrieunternehmen die Zertifikate weg.“ Stattdessen solle ein unabhängiges System eingeführt werden.

RUTH REICHSTEIN