: Senat setzt ein flackerndes Signal
FUSSGÄNGER Rot blinkende Ampeln sollen das Überqueren von Berliner Kreuzungen sicherer machen
In Charlottenburg wird an diesem Donnerstagvormittag Geschichte geschrieben: In wenigen Minuten wird Europa seine erste rot blinkende Ampel erhalten, damit sich FußgängerInnen etwas sicherer fühlen können.
Doch davon ist an der Kreuzung Kaiser-Friedrich-Straße/ Stuttgarter Platz zunächst wenig zu spüren. Seit 8 Uhr ist die Ampelanlage einfach ausgeschaltet. An einem Stromkasten machen sich zwei Männer mit Putzlappen zu schaffen – denn bevor hier Verkehrssenator Michael Müller (SPD) selbst Hand anlegt, soll es sauber sein. Um 11.10 Uhr drückt Müller auf einen Schalter im Kasten. Nach ein paar Sekunden schaltet sich die Ampelanlage an: Es wird grün. Gebannt schauen Müller und die Medienvertreter auf das, was kommt.
Ein Mann mit Kopfhörern im Ohr stiefelt vorbei, ohne etwas zu bemerken. Dabei verwandelt sich in diesem Moment über ihm das grüne Ampelmännchen in ein blinkendes rotes. Ein anderer Mann eilt im letzten Moment über die Straße, Müller beobachtet die Szene verträumt.
„Das Abbiegen an Kreuzungen ist ein Dauerproblem“, sagt Horst Wohlfarth von Alm, Gruppenleiter für Straßenplanung in der Senatsverkehrsverwaltung. „Sobald die Ampel auf Rot springt und noch ein Passant auf der Straße ist, fangen viele Autofahrer an zu drängeln.“ Ähnlich wie bei Orange für Autofahrer soll das für fünf Sekunden rot blinkende Ampelmännchen nun Fußgängern wie Autofahrern zeigen: Es ist noch Zeit, um die Straße zu räumen! Ab Anfang Dezember sollen an drei zusätzlichen Kreuzungen auch noch die Ampelmännchen grün blinken, um langsam Gehenden zu signalisieren, dass die Ampel in Kürze auf Rot umschaltet.
Noch mehr Stress
Die neue Lichtorgel ist Teil der „Berliner Fußverkehrsstrategie“, die die Straßen sicherer machen sollen. Der Senat habe zwar richtige Motive, sagt Martin Schlegel, Verkehrsreferent beim BUND: „Aber diese neuen Ampelsignale werden die Fußgänger bloß noch mehr stressen.“
„Natürlich sind diese Signale erst mal überraschend“, räumt Horst Wohlfarth von Alm ein. Aber man werde das Modellprojekt mit Erhebungen begleiten und anschließend auswerten. Ab 2014 ist zudem geplant, auf ausgewählten Straßen sogenannte Begegnungszonen einzurichten. Durch kleine bauliche Maßnahmen und strengere Tempolimits sollen Fußgänger und Autofahrer hier „ein besonderes Miteinander erproben“, schwärmt der Verkehrssenator. JOHANNES KULMS