: Kusch wie unter Drogen
Eklat in der Bürgerschaft: Justizsenator wirft SPD-Parteichef Mathias Petersen Verharmlosung von Heroin vor. Der fühlt sich verleumdet und fordert Entschuldigung
Selten hat man die Hamburger Sozialdemokraten so aufgeregt erlebt. Kaum hat Justizsenator Roger Kusch (CDU) am Mittwochabend seine Bürgerschaftsrede zur Drogenpolitik im Strafvollzug beendet, da wird SPD-Parteichef Mathias Petersen, der das Rathaus bereits verlassen hatte, per Telefon zurückbeordert. Ein wutentbrannter SPD-Fraktionschef Michael Neumann fordert unterdessen vor dem Bürgerschaftsauditorium vom Senator „eine Entschuldigung für ihre unverschämten Lügereien“. Und SPD-Fraktionssprecher Christoph Holstein verkündet derweil vor den anwesenden Medienvertretern: „Das wird ein Nachspiel haben.“
Sogar von juristischen Schritten ist die Rede. Und während Kusch das Rathaus gegen halb acht durch den Hinterausgang verlässt, tagen bereits die Spitzen von SPD und GAL in einer eilig anberaumten Sitzung, um über Konsequenzen nachzudenken.
Der Grund für das aufgeregte Flügelschlagen: Kusch hatte in seiner Rede eine völlig unvermittelte Attacke gegen Petersen geritten, in der er dem praktizierenden Arzt und Parteichef unterstellte, auf einer Wahlveranstaltung vor mehr als zwei Jahren die Droge Heroin verharmlost zu haben. Kusch wörtlich: „Und Herr Petersen verkündete vor ein paar hundert Schülerinnen und Schülern aus Hamburg, Heroin sei nicht gefährlicher als Alkohol. Und dass ein Arzt Unsinn redet, das kann passieren. (...) Wenn aber ein solcher Arzt, der solchen Unsinn redet, Landesvorsitzender einer Partei ist, kann man froh sein, dass diese Partei dauerhaft in die Opposition verbannt ist.“
„Verleumdet“ fühle er sich von Kusch, so Petersen gestern gegenüber der taz. Auf der fraglichen Veranstaltung, die Anfang 2003 an der Bucerius Law School stattfand, habe er lediglich betont, dass auch Alkohol eine gefährliche Droge sei, die sogar mehr Todesopfer fordere als Heroin. Kusch habe diesen Sachverhalt „bewusst verdreht“ und den Angriff allem Anschein nach „genau geplant“. Eine offizielle Entschuldigung des Senators sei „nun das Mindeste“.
Diese Forderung hat SPD-Fraktionschef Neumann nun auch schriftlich dem Bürgermeister zugeleitet. In einem gestern an Ole von Beust aufgesetzten Brief heißt es wörtlich: „Herr Kusch hat die Äußerungen Dr. Petersens bewusst verdreht. (...) Auch im Namen von Dr. Petersen verwahre ich mich nachdrücklich gegen dieses ungeheuerliche Vorgehen und erwarte eine öffentliche Entschuldigung des Senators.“
Dass der Justizsenator sich für seinen verbalen Fehlgriff tatsächlich Asche aufs Haupt streut, erwarten aber weder Neumann noch Petersen. Juristische Schritte will die SPD nun aber auch nicht einleiten. „Das würde Kusch nur aufwerten“, so Petersen. Marco Carini