Straßenbahn statt Auto fahr’n

MOBILITÄT Immer mehr junge Leute verzichten auf einen eigenen Pkw. Frauen über 30 Jahre setzen sich hingegen immer öfter hinters Lenkrad

Studenten und Studentinnen in den Städten brauchen meist kein Kraftfahrzeug

VON RICHARD ROTHER

BERLIN taz | Junge Leute in Deutschland verzichten immer öfter auf das Auto oder besitzen erst gar keins. Frauen – über alle Altersgruppen gesehen – nennen häufiger ein privates Kraftfahrzeug ihr Eigen und nutzen es auch öfter als vor zehn Jahren, während Männer diesbezüglich bescheidener geworden sind. Das sind zwei zentrale Befunde der neuen Automobilitätsstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), für die die Forscher umfangreiche Statistiken und Bevölkerungsbefragungen ausgewertet haben. Einen Trend zu weniger Autoverkehr sehen die DIW-Wissenschaftler jedoch nicht, da die – zahlenmäßig starke – ältere Generation automobiler werde und insgesamt die Erwerbstätigkeit zunehme.

Für junge Leute wird ein eigenes Auto immer unwichtiger. Waren 1994 noch 17 Prozent der Autos in den Händen von Menschen unter 30 Jahren, so hat sich dieser Anteil bis heute auf 7 Prozent mehr als halbiert. Dieser Effekt ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass es mit dem demografischen Wandel immer weniger junge Menschen gibt. Die Jungen, die da sind, besitzen tatsächlich weniger Autos: Von den jungen Männern haben nur noch halb so viele einen Pkw wie 1994 – auf 1.000 Personen kommen jetzt 260 Autos. Bei den jungen Frauen ist hingegen nur ein leichter Rückgang zu verzeichnen – hier teilen sich 1.000 Personen nun 200 Pkws.

Und die jungen Leute, die ein Fahrzeug besitzen oder in der Familie über eines verfügen, fahren immer weniger damit. Absolvierten junge Autofahrer 1994 durchschnittlich noch 28 Kilometer pro Tag, so sind es mittlerweile nur noch 17. Diese rückläufige Pkw-Nutzung hat zu großen Teilen strukturelle Gründe: Zum Beispiel steigt der Anteil der Studierenden. Diese wohnen meist in Städten, in denen eine Pkw-Nutzung weniger attraktiv ist – und in denen Fahrrad und öffentlicher Nahverkehr meist gute Alternativen sind, zumal es für Studierende günstige Fahrkarten oder Semestertickets gibt.

Während junge Leute weniger Auto fahren, nimmt die Nutzung des Pkws bei den Frauen deutlich zu – ausgenommen die jungen. Auf 1.000 Frauen kommen heute 400 Autos, vor zehn Jahren waren es rund 280. 1.000 Männer teilen sich etwa 715 Fahrzeuge.

„Der Abstand zwischen Männern und Frauen wird sich weiter verringern, weil Frauen ihre Mobilitätsgewohnheiten ins Alter mitnehmen“, sagt DIW-Verkehrsforscher Uwe Kunert. Und in den mittleren Altersgruppen sei der Pkw-Besitz doch wesentlich weiter verbreitet als bei Frauen über 64 Jahren. Das sei auf die zunehmende Bildungs- und Erwerbsbeteiligung der Frauen zurückzuführen.